Aktive Fanszene macht mobil: Für die Führungsetage des FC Schalke 04 könnte es jetzt ungemütlich werden (Update)

Auffällig lange blieb es ruhig in Schalkes Fanszene: Trotz Härtefall-Affäre, entlassenen Fahrern der Knappenschmiede und einer insgesamt nachdenklich machenden Außendarstellung des Vereins in der Öffentlichkeit. Sportlich haben Verein und Fans die Saison bereits abgehakt. Doch jetzt häufen sich die Unmutsbekundungen, die für die Führungsetage durchaus ungemütlich werden könnten.

Update 24.6.2020:

Die Vereinsführung des FC Schalke 04 reagierte am Dienstagnachmittag auf die Vorwürfe. Der Kicker zitiert die Vorstände Jochen Schneider und Alex Jobst: „Wir haben Verständnis für Fans und Mitglieder, die aktuell ihren Unmut über die Situation beim FC Schalke 04 äußern“. Das Recht auf freie Meinungsäußerung sei eine Selbstverständlichkeit. „Wir sehen die Kritik und setzen uns damit auseinander. Wir glauben, nur im Dialog lässt sich das notwendige Vertrauen für eine bessere Zukunft zurückgewinnen und sind dazu jederzeit bereit.“

Ursprüngliche Meldung vom 23.6.2020:

Zum Härtefall-Antrag veröffentlichte der Schalker Fanclub Verband (SFCV) bereits vor einigen Wochen ein Statement. Mit großem Unverständnis und Entsetzen habe der SFCV den sogenannten „Härtefall-Antrag“ des Vereins zur Kenntnis genommen. Innerhalb des Vereins sei „sicherlich ein Umdenken erforderlich, damit sich ein solch schlimmer Fehler niemals mehr wiederholt!“

Vor rund einer Woche legte der Verband, dem immerhin 800 Fanclubs mit insgesamt 65.000 Schalkern angehören, nach. Unter der Überschrift „FC Schalke 04, verstehst du uns noch?“ hagelte es ein Gewitter an Kritik an der Führungsetage. „Schalke 04 tritt seine Identität gerade in die Tonne“, heißt es darin unter anderem. Und: „Kumpel- und Malocherclub? Bitte diesen Merchandise Slogan ganz schnell aus dem Programm nehmen. FC Schalke 04, verstehst Du uns noch? Die Antwort darauf muss klar und deutlich heißen: leider nein!“

Auch der Schalke Supporters Club, eine weitere einflussreiche und rund 1.000 Mitglieder starke Gruppierung der aktiven Fanszene sparte nicht mit Kritik und forderte: „Streicht doch bitte das „Kumpel- und Malocherclub“ komplett aus eurem Vokabular!“

Zudem meldeten sich gestern auch die Ultras Gelsenkirchen erstmals öffentlich mit einem langen Statement zu Wort. Lange habe man sich mit öffentlicher Kritik zurückgehalten, „um weitere Schlagzeilen und Unruhe im Verein zu vermeiden.“ Kurz vor dem Saisonende sei nun der Zeitpunkt gekommen, „an dem wir uns zu diversen Themen und Vorkommnissen der vergangenen Wochen und Monate äußern möchten.“ Die desaströse Situation rund um den Verein könne und wolle die stärkste Ultra-Gruppierung auf Schalke nicht länger unkommentiert lassen.

Im Statement knöpfen sich die Ultras einzelne Gremien des FC Schalke 04 und verschiedene Themenbereiche vor: Den Ehrenrat, den Aufsichtsrat, die finanzielle Situation und nicht zuletzt die Werte des Vereins. „Die gesamte Saison ist eine moralische Bankrotterklärung. Ein Ausverkauf der Schalker Werte, die zu Marketingzwecken zwar gern benutzt, ansonsten aber mit Füßen getreten werden. Der Verein verliert zunehmend an Glaubwürdigkeit und Identifikation. Das familiäre Gefühl, was diesen Verein so besonders macht, scheint es nur noch unter den Fans zu geben. Mit Erschrecken stellen wir fest, dass sich die Entscheidungsträger schon längst von unseren Werten und Idealen abgewendet haben.“

Doch Kritik gibt es nicht nur im Rahmen von Statements im Netz. Rund um das Berger Feld und an der Glückauf Kampfbahn tauchten jetzt Plakate mit unmissverständlichen Aussagen auf. Auf einem Plakat, das direkt vor den Vorstandsparkplätzen an der Geschäftsstelle montiert wurde, heißt es: „Die einzigen Härtefälle sitzen in der Führungsetage unseres Vereins.“ Das sitzt.

Am Samstag, dem 27.6. wird es ab 15.30 außerdem zu einer Fan-Demonstration kommen. Rund um das Berger Feld soll eine blau-weiße Menschenkette entstehen. Die Organisatoren, zu denen mit Stefan Barta ein bekannter Schalke-Autor gehört, betonen, es sei an der Zeit, noch einmal gemeinsam aufzustehen. „In der Hoffnung unseren geliebten Verein vor der Zerstörung durch inkompetente und machtbesessene Aufsichts- und Ehrenräte zu retten. Steht jetzt auf und setzt mit uns gemeinsam ein Zeichen. (…) Steht auf, wenn ihr Schalker seid! Zeigt, dass die Schalker Fangemeinschaft noch lebt!“

Die Schalker Führungsetage steht spätestens jetzt unter Druck und muss nicht nur die finanziellen Herausforderungen meistern, die durch die Coronakrise noch verschärft wurden. Sie muss auch dringend an den eigenen Strukturen und der Vermittlung der Werte, die das Schalker Leitbild vorgibt, arbeiten.