In der spielfreien Zeit wirft Schalke-News.de einen Blick auf die Stammspieler der Knappen, deren Stärken und Schwächen, sowie die Konkurrenzsituation in der kommenden Saison.
#20 Thilo Kehrer
Im Kader | In der Startelf | Einsatzzeit | Tore | Vorlagen | Gelbe Karten | Rote Karten | Kicker-Note | Zweikampf- Quote |
Pass- Quote |
33/39 | 32/39 | 93% | 3 | 2 | 5 | 0 | 3,37 | 61% | 83% |
Einen Spieler wie Thilo Kehrer kann sich jeder Trainer nur wünschen. Als gelernter Außenstürmer fand er seine Heimat im defensiven Mittelfeld, wo er auch heute noch meistens bei der U21 Nationalmannschaft aufläuft. Domenico Tedesco sieht ihn eher als Verteidiger, wo seine Flexibilität erst richtig zum Einsatz kommt. Als Außenverteidiger in 5er- oder 4er-Kette, als rechter und linker Innenverteidiger oder sogar in der Zentrale – Kehrer spielt eben, wo er gerade gebraucht wird. Und im Gegensatz zu Weltstars wie Philip Lahm beschwert er sich nie, wenn er nicht auf seiner „Lieblingsposition“ eingesetzt wird. Doch was macht ihn so flexibel?
Zunächst einmal lernte er auf seiner Position im defensiven Mittelfeld das Spiel in seiner Gesamtheit im Auge zu behalten. Seine Stärke dort war das Positionsspiel, mit dem er die Läufe seiner Mitspieler ausglich. Außerdem wusste er bei Bedarf immer, wo sich der freie Mitspieler befand. Allerdings erinnern wir uns an einige Spiele unter Weinzierl zurück, in denen er unter Druck noch entscheidende Fehler beging. Diese rührten vorrangig daher, dass sein linker Fuß nicht mit dem rechten mithalten konnte. Diese Schwäche wurde auf Schalke offensichtlich erkannt, und so sah man ihn diese Saison dahingehend stark verbessert:
Zu Beginn der Saison konnte er das vermeintliche Wissen der Gegner um seine eigene Schwäche noch fantastisch nutzen. Bei Zuspielen von rechts drehte er seinen Körper dem Ball entgegen und suggerierte einen Pass mit Rechts in die Zentrale. Lief der Gegner dann diesen Raum an, so ließ Kehrer den Ball einfach auf den linken Fuß weiterlaufen und hatte eine Menge freien Raum vor sich. Auch entgegengesetzt nutzte er diese Finte, sodass er zu einem unheimlich sicheren Spieler im Aufbau wurde. Beim Passspiel beschränkt er sich meist auf kurze bis mittellange Pässe und nutzt Räume vor sich eher für offensive Läufe. Zwar schätzt er seine Freiheiten dort immer noch teilweise falsch ein, wird aber vom routinierten Naldo in der 3er-Kette hierbei abgesichert. Die neue Position gab ihm also viel Freiheit und Sicherheit, um an seinen Schwächen zu arbeiten.
Auch defensiv konnte man Verbesserungen erkennen, die nur durch Spielpraxis und Erfahrung erreicht werden können (Zweikampfquote letzte Saison: 55%). Denn seine Fehler konnten wiederum vom erfahrenen Naldo fast immer ausgeglichen werden und so konnte er viel von diesem lernen. Eine Situation, wie man sie sich als Thilo Kehrer kaum besser wünschen kann. Seine für einen Verteidiger beeindruckende Geschwindigkeit und Wendigkeit gepaart mit immer größer werdender Erfahrung lassen für Kehrer eine glorreiche Zukunft voraussagen. Bald wird man sich nicht mehr fragen, wo man ihn am besten einsetzen kann, sondern wo man überhaupt auf ihn verzichten kann.
Zum Abschluss möchte ich noch auf eine Neuerung der letzten Partien in Thilo Kehrers Spiel aufmerksam machen. Wie an anderer Stelle beschrieben, sticht das Pokal-Halbfinale gegen Frankfurt defensiv absolut heraus. Insbesondere Kehrer überzeugte hier durch eine unfassbare Antizipation: im Halbraum vor der Abwehr erkannte er Räume früher als der Gegner, sobald der ballführende Gegenspieler seinen Körper in Richtung dieses Raumes drehte, sprintete er in diesen hinein und erreichte so jeden langen Ball vor dem Gegner. Das habe ich in dieser Perfektion wirklich selten gesehen, bei einem 20-jährigen vielleicht noch nie. Spätestens seit diesem Spiel ist Kehrer für mich das größte Abwehrtalent der Liga. Eine Nominierung zur Nationalmannschaft hätte mich nicht verwundert, wenn er diese Leistungen bestätigt, kann Löw schon nach der WM nicht mehr über ihn hinwegsehen. Es bleibt nur zu hoffen, dass Christian Heidel und Kehrers Berater Roger Wittmann (ja, genau der) sich auf eine Vertragsverlängerung einigen können. Denn anders als Meyer sehe ich Kehrer in ein, zwei Jahren wirklich bei Barcelona & Co.
Zur Konkurrenzsituation auf Schalke bleibt nicht viel zu sagen. Für mich ist Kehrer schon alleine aufgrund seines Talents unbestrittener Stammspieler.