Analyse: Zwischen Halbfinale, Köln und Champions League

Der Ligaalltag nach dem DFB-Pokal Halbfinale: Köln gegen Schalke. Gegen den eigentlich schon abgestiegenen „Effzeh“ kann Schalke die Champions League so gut wie klarmachen. Reicht dafür eine Leistung wie am Mittwoch? Und reicht diese für die Champions League?

Caligiuri-Schalke-Frankfurt

Die Enttäuschung war groß, als es gegen Frankfurt nach Spielende 0:1 stand. Vor allem, da es Schiedsrichterentscheidungen gab, die das Ergebnis stark negativ beeinflusst haben. Klar, es ist zu einfach, die „Schuld auf den Schiri zu schieben“, aber es ist eben auch zu einfach, dessen Einfluss zu leugnen. So fiel es vielen Schalkern schwer, nach Abpfiff ruhig zu bleiben. Davon nehme ich mich keineswegs aus. Domenico Tedesco schon. Dieser gratulierte fair und sprach die Fehler der Mannschaft an, zumindest konnte man das im Folgenden überall lesen. Doch tat er das wirklich? Ein gutes Spiel habe man gemacht, lediglich die Chancen nicht genutzt. Bei einem solchen Spiel mit lediglich vier Torschüssen finde ich das eine gewagte Aussage. Wie immer gibt es viele Seiten der Medaille, von denen wir ein paar hier beleuchten wollen.

Der Weg zum Tor

Die Passquote von Schalke betrug 76%. Kein guter Wert, aber auch nicht besorgniserregend. Wer das Spiel aber gesehen hat, weiß, dass diese Statistik täuscht. Die vertikalen Pässe kamen selten an, jeder Spieler brauchte viel zu lange, um sich zu entscheiden, sodass gut verteidigende Frankfurter die Wege zustellen konnten. Also wurde der Ball entweder hergeschenkt, oder aber horizontal oder nach hinten gespielt. Solche Spiele hatten die Knappen durchaus schon ein paar Male, ohne dass dies sehr negativ aufgefallen war. Denn man hatte stets ein paar andere Waffen, auf die man sich verlassen konnte: Standards und Einzelaktionen. Dummerweise hatte sich Niko Kovac etwas einfallen lassen, wie man die Freistöße von Schalke besser verteidigen konnte: 25 Meter vorm Tor. Nachdem so viele Mannschaften versucht hatten, Naldo zu verteidigen, umging man nun das Problem einfach. Durch die große Entfernung konnte Schalke seine 7-Tore-Waffe nicht zur Geltung bringen und blieb bei Freistößen ungefährlich.

Zudem kam Caligiuri nicht auf sein gewohntes Niveau, wohl auch, weil er auf der eher ungewohnten linken Seite spielte. Schöpf auf der anderen Seite ist ein Kämpfer, aber keiner, der wie Oczipka reihenweise Flanken in den Strafraum schlägt. Harit schien nicht so spritzig wie gewohnt, Pjaca ungenau in seinen Aktionen, und Goretzka…

Goretzka oder nichts

Die Wahrnehmung auf Schalke von Leon Goretzka hat sich seit seinem angekündigten Wechsel gewandelt. Die Anforderungen sind gestiegen, die Leistungen eher gefallen. Doch jetzt, wo er wieder in den Rhythmus kommt, merkt man, wie wichtig er für Schalke ist. Das will natürlich keiner hören und keiner zugeben. Und eigentlich läuft es auch ganz gut, wenn Goretzka mal wieder verletzt ist. Am Sonntagabend gegen Köln darf das Spiel nicht von einem Spieler abhängen, das sollte Schalke auch anders für sich entscheiden können. Ein Spieler wie Leon wird wichtig in den großen Spielen. Pokal Halbfinale. Champions League. Wenn der Gegner stark verteidigt und alles in die Waagschale wirft. Dann geht ohne einen Weltklassespieler eben nicht viel. So wie in den ersten 30 Minuten gegen Frankfurt, in denen Leon Goretzka völlig abtauchte. Defensiv zwang er so seine Mitspieler, weite Wege zu gehen und seine aufgegebenen Räume abzudecken. Offensiv waren so weniger Spieler verfügbar und Leon bot sich auch nicht an. Zwar presste er die ersten 20 Minuten offensiv mit, das lief allerdings meist ins Leere (ohne Taktgeber Di Santo, worüber man einen eigenen Artikel schreiben könnte).

Nach 30 Minuten gewann Leon hintereinander ein paar Zweikämpfe und war plötzlich da. Nach vorne ging jetzt auf einmal fast alles über ihn, so leitete er direkt eine Doppelchance in der 31. Minute ein. Ist Goretzka da, so ist Schalke da.

Schalker Verteidigung in Champions League Form

Nun habe ich viel Schlechtes aufgezeigt. Aber natürlich war nicht alles schlecht am Mittwoch. Das Stellungsspiel von Stambouli und Kehrer möchte ich besonders hervorheben. Wie diese im richtigen Moment aus der Kette herausrücken und jeden wichtigen Zweikampf gewinnen ist Weltklasse. Auch im eins gegen eins wurde kein entscheidender Zweikampf verloren, das fehlende Tempo von Naldo wurde ohne Probleme ausgeglichen und so kam Frankfurt im Grunde zu keinerlei Chancen. Dass nach dem Ausscheiden von Nastasic Schalke dort weitermachen konnte, wo es aufgehört hat, war nicht zwangsläufig zu erwarten. Dass man eine Leistung der Innenverteidigung sieht, die ihresgleichen sucht, noch weniger. Das habe ich so diese Saison in der Champions League auch nicht besser gesehen.

Fazit

Schalke ist auch Champions League Kurs. Und die Leistungen in der Liga können sich durchaus sehen lassen. Auch am Mittwoch gegen Frankfurt war nicht alles schlecht, zumal, wie gesagt, das Spiel eigentlich anders hätte ausgehen müssen. Aber gewisse Bedenken über die Champions League Tauglichkeit ihrer Mannschaft müssen sich Heidel und Tedesco langsam gefallen lassen. Das Beispiel Goretzka zeigt, dass ein richtig starker Spieler in der Zentrale sehr wichtig wird für die kommende Saison. Für diesen werden wohl die Einnahmen aus der Champions League Qualifikation schon aufgebraucht sein. Hinzu kommen wahrscheinlich Abgänge in der Offensive und der von Meyer, das restliche Budget muss also dringend für eine Kadervergrößerung investiert werden.

Somit kann man davon ausgehen, dass der Kern der Mannschaft so ähnlich auch nächste Saison aussehen wird. Und man darf gespannt sein, ob Domenico Tedesco mit diesem Team in der Champions League Erfolg hat.