Zur einseitigen Berichterstattung im Zusammenhang mit der „Randale am Hauptbahnhof“

Die Polizeimeldung vom Samstagabend hatte es in sich. Unter der Überschrift „Gewaltsamer Angriff auf die Polizei in Gelsenkirchen“ heißt es da: „Ca. 100 Mitglieder der Schalker Problemfangruppierung „Hugos“ griffen im Bereich des Südeingangs Einsatzkräfte der Polizei an“. Und, dass „insgesamt 23 Polizisten im Verlauf der Auseinandersetzungen verletzt wurden.“ Zudem seien bei Durchsuchungen des Vereinsheims der Ultra-Gruppierung „Betäubungsmittel, Vermummungsmaterialien und Farbspraydosen“ gefunden worden.

Randale

Es dauerte nicht lange bis die Medien die Polizeimeldung aufgriffen. Eine DPA-Meldung, die augenscheinlich ausschließlich (und nahezu 1:1) auf dem Polizeibericht basierte, machte die Runde und wurde auch von der WAZ verbreitet. Die Empörung war groß. So groß, dass sich selbst Gelsenkirchens Bürgermeister Frank Baranowski zu den undifferenzierten Medienberichten äußerte („Ich unterstütze alle erforderlichen und rechtlich zulässigen Maßnahmen, um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in allen Bereichen unserer Stadt zu gewährleisten.“).

Und selbst der Ruf nach Sippenhaft war eindeutig zu vernehmen: Auf dem WAZ-Onlineportal derwesten.de kritisiert ein Redakteur, dass „S04-Vorstand Peter Peters Strafen nur in Richtung der ermittelten Fans ausgesprochen wissen“ will. Das sei falsch, weil es nicht abschrecke, so die erschütternde und rechtlich zweifelhafte Folgerung.

Nun ist Gewalt sicherlich durch nichts zu entschuldigen, auch und vor allem nicht gegen Polizeibeamte. Nur sollte man bei aller Empörung doch beide Varianten der Geschichte kennen und bei der Wahrheit bleiben. Das prangert nun auch die Königsblaue Hilfe e.V. an, die vor allem die nach wie vor „undifferenzierte Pressearbeit“ der Gelsenkirchener Polizei kritisiert. Denn relativ schnell drängte sich der Eindruck auf, die Polizei Gelsenkirchen habe kein großes Interesse an einer umfassenden und objektiven Schilderung der Ereignisse. Das musste man bei der Lektüre der entsprechenden Polizeimeldung zumindest ernsthaft befürchten.

Doch so langsam kamen weitere, nicht ganz unwesentliche Details ans Licht, die die Polizei unter Verschluss hielt. Zunächst meldete erneut die WAZ, dass von den 23 verletzten Einsatzkräften 21 (!) nicht durch Ultras verletzt wurden, sondern sich vielmehr „durch den eigenen massiven Pfefferspray-Gebrauch verletzten“! Bei dem Einsatz wurden also nicht 23 Beamte von „Hugos“ verletzt, sondern nur 2. Sicherlich 2 zuviel, keine Frage. Aber eben deutlich weniger durch Gewalteinwirkung der „Problemfans“.

Wie viele Schalke-Fans und Unbeteiligte durch diesen „massiven Pfefferspray-Gebrauch“ verletzt wurden, war für die Polizei hingegen offenbar völlig unwichtig. In der Meldung findet sich kein Wort dazu.

„Was zu dem Übergriff auf Polizisten am Bahnhof geführt hat, ist uns nicht klar, allerdings ist rund um den Schalker Markt zu vernehmen, dass ein Übergriff von Wolfsburger Seite auf Schalker der Auslöser gewesen sei, bei dem die Polizei eingegriffen habe“, so die Königsblaue Hilfe. Also gar kein geplanter Angriff auf die Polizei, wie die Meldung suggerierte?

Zu den gefundenen Betäubungsmitteln und Vermummungsmaterialien stellt die Königsblaue Hilfe zudem klar, dass es sich um 1 (!) Motorradmaske und Drogen gehandelt habe, die „nicht einmal für eine ganze Sportzigarette gereicht hätten“.