Einen Schalker Sturmlauf musste man gegen den französischen Erstligisten SCO Angers im gestrigen Testspiel nicht erwarten. Schließlich stecken die Schalker mitten in der entscheidenen, kräftezehrenden Phase der Vorbereitung. „Wir haben unter der Woche hart gearbeitet. Die Beine wurden immer schwerer“, erklärte Guido Burgstaller nach dem Spiel. Klar wurde auch im Testspiel gegen Angers: Offensiv läuft es bei Schalke noch nicht, dennoch bot das 1:0 in Mittersil einige Erkenntnisse, wie S04-Cheftrainer Domenico Tedesco in der neuen Saison spielen lassen will.
Im Gespräch mit der Welt erklärte Tedesco vor wenigen Tagen bereits wenig überraschend, dass der defensiven Stabilität auch weiterhin höchste Priorität zukommt: „Defensive Stabilität heißt nicht, dass wir uns einigeln. Wir haben mit die höchste Verteidigungslinie in der Bundesliga, verteidigen mutig nach vorn.“
Hohe Priorität weiterhin auf defensiver Stabilität
Zudem verriet Domenico Tedesco dem Westfälischen Anzeiger: „Unsere DNA wird die gleiche bleiben“. Zu ihr gehörten „frühes Anlaufen, den Gegner stressen ebenso wie Arbeit, Leidenschaft und eine gute Defensive“. Allerdings werde man das Positionsspiel weiter verbessern. „Aber das ist ein längerer Prozess“, so Tedesco.
Auf der To-Do-Liste weiterhin: „Wir müssen schneller reagieren, wenn der Gegner im Spiel umstellt, müssen schneller erkennen, wie der Gegner das Spiel eröffnet und dann unsere Anlaufstrategie darauf einstellen. Auch müssen wir schneller ein Gegengift entwickeln, wenn der Gegner uns durchschaut.“
3er-Innenverteidigung mit Naldo, Sané und Nastasic/Kehrer
Für Schalkes defensive Stabilität zeichnet vor allem die Innenverteidigung verantwortlich. Mit Salif Sané und Naldo stehen Domenico Tedesco in dieser Saison zwei wahre Hünen in der Innenverteidigung zur Verfügung. Da stellt sich die Frage, ob und wie beide zusammen spielen werden. In der Vorbereitung vertraute Tedesco wieder der bekannten 3er-Kette. Es deutet also nichts darauf hin, dass Schalke in absehbarer Zeit zu einer 2er-Innenverteidigung zurückkehren wird.
Wie erwartet sieht es so aus, dass Sané und Naldo gemeinsam verteidigen werden. Gegen Angers rückte Thilo Kehrer von der rechten Innenverteidiger-Position auf die linke Seite. Also dahin, wo normalerweise Linksfuß Matija Nastasic spielt. Naldo blieb zentraler Mann, Salif Sané rückte auf die rechte Seite. Eine Konstellation, die wir in dieser Form wohl öfter sehen werden: Nastasic (Kehrer) – Naldo – Sané
Zudem steht mit Benjamin Stambouli ein weiterer Backup zur Verfügung, der aufgrund der Dreifachbelastung in dieser Saison sicherlich auch viel Spielzeit erhalten wird.
Bei Standards ist Schalke jetzt noch gefährlicher
Nicht nur in der Abwehr dürften der 1,98 Meter große Naldo und der nur zwei Zentimeter kleinere Sané die Lufthoheit behalten. Auch in der eigenen Offensive werden die beiden kopfballstarken Verteidiger zur Geltung kommen. Im Testspiel gegen Angers waren beide zusammen stets bei Schalker Standardsituationen im gegnerischen Strafraum zu finden. Die Wahrscheinlichkeit, dass Schalke bei Standards zu Kopfballchancen kommt, hat sich also mal eben – salopp überschlagen – verdoppelt.
Viel Flexibilität im Mittelfeld
Im Schalker Mittelfeld probierte Tedesco in der Vorbereitung viel aus, spielte mal mit nur einem 6er, mal wie gehabt mit einer Doppel-6. Während Neuzugang Omar Mascarell sowie Nabil Bentaleb und Weston McKennie um die Plätze im defensiven Mittelfeld kämpfen, sieht Domenico Tedesco den Ex-Mainzer Suat Serdar eher auf der 8, wenn nicht noch offensiver.
Im offensiven Mittelfeld zeigte sich Schalke gegen SCO Angers ziemlich flexibel, was natürlich auch ein stückweit an den vielen Verletzten gelegen haben wird. Vor wenigen Tagen verriet Schalkes neuer Mittelstürmer Mark Uth aber auch: „Wir haben sechs, sieben Spieler, die vorne eigentlich alles spielen können. Die offensive Variabilität ist schon enorm“. Im gestrigen Testspiel waren dies vor allem Guido Burgstaller, Franco Di Santo, Cedric Teuchert und auch Alessandro Schöpf. Durch diese Flexibilität wird Schalkes Spiel für die Gegner also weniger berechenbar.
Mehr offensive Nadelstiche
In der letzten Saison und auch in den bisherigen Vorbereitungsspielen zeigte sich, dass Schalke Probleme hat, aus dem Spiel heraus Chancen zu erarbeiten. Gegen Angers versuchte Schalke offensiv Nadelstiche zu setzen, indem sich Schalkes Offensivspieler häufig geradezu explosionsartig von ihren Bewachern lösten, um im richtigen Moment schnell in die Räume hinter der Abwehr zu gelangen. Das erfordert Timing, also schnell schaltende Mitspieler, die ebenfalls zur richtigen Zeit den präzisen Steilpass versuchen. Das klappte gegen Angers nicht allzu häufig. Dürfte aber eine Variante sein, an der die Mannschaft in den nächsten Wochen und Monaten weiter arbeiten wird.
Nach dem Spiel gegen die Franzosen stellte Tedesco (erneut) fest: „Wir müssen mehr Tore machen.“ Anderthalb Wochen haben der 32-Jährige und seine Mannschaft noch Zeit, an der eigenen Offensive zu arbeiten. Beim Pflichtspielstart am 17. August im DFB-Pokal gegen den 1. FC Schweinfurt sollten ein paar Buden drin sein.