Mit dem 0:2 zuhause gegen Hertha BSC ist Schalkes Fehlstart in die neue Bundesliga-Saison perfekt. Die von Trainer Domenico Tedesco vielfach beschworene taktische Flexibilität seiner Mannschaft stellt sich zumindest zu Anfang der noch jungen Saison als kaum umsetzbar heraus.
Domenico Tedesco begann wie gehabt mit einer 3er-Kette in der Innenverteidigung, Weston McKennie rückte für den rotgesperrten Matija Nastasic in die Abwehr. Etwas überraschend stand Neuzugang Sebastian Rudy nur wenige Tage nach dessen Verpflichtung in der Startelf, während Hamza Mendyl, immerhin schon seit zwei Wochen auf Schalke, nicht im Kader stand: Tedesco vertraute auf der linken Außenbahn weiterhin Abdul-Rahman Baba. Außerdem erhielten Breel Embolo und Yevgen Konoplyanka den Vorzug vor Guido Burgstaller und Amine Harit.
Schalke war schnell die spielbestimmende Mannschaft und spielte sich Möglichkeiten heraus – keine zwingenden aber immerhin. In der 13. Spielminute hatte Schalke tatsächlich einmal Glück mit dem Video-Assistenten und bekam nach einem Handspiel einen Elfmeter. Daniel Caligiuri – nicht Nabil Bentaleb – übernahm die Angelegenheit – und haute den Ball am Tor vorbei. Im direkten Gegenzug gingen die Berliner mit 0:1 durch Ondrej Duda in Führung. Nicht ganz unbeteiligt: „Neu-Innenverteidiger“ Weston McKennie, der sich eklatant verschätzte und die entscheidende Flanke zuließ. Den Torjubel direkt vor der Nordkurve hätte sich Duda durchaus schenken können – ist aber auch zu verlockend, einmal vor einer lautstarken Kurve jubeln zu können.
Von Sebastian Rudy war kaum etwas zu sehen. Bis zu seiner Auswechslung in der 51. Spielminute hat der Ex-Bayer gerade einmal 19 Ballkontakte. Was einen Grund hatte: „Rudy wurde in Manndeckung genommen. Er kam einmal raus und sagte: Trainer, wenn ich auf die Toilette gehe, kommt der mit, so Tedesco später bei Sky. „Wir haben die Lösungen dagegen parat“, verriet Tedeso. Allerdings habe seine Mannschaft sie „aufgrund von vielen Schlampigkeiten nicht auf den Platz zu bekommen.“
Zu diesen Schlampigkeiten zählten auch unpräzise Pässe und ein zeitweise chaotisch wirkendes Zusammenspiel inklusive nicht passender Laufwege. Selbst die letzte Saison so erfolgreichen Standard-Situationen brachten nichts ein. Trotzdem Schalke mit Salif Sané neben Naldo ein zusätzliches Kopfballungeheuer in seinen Reihen weiß, brachten selbst neun Ecken (zu null auf Seiten der Hertha übrigens) nichts ein – die meisten Ecken kamen schlicht zu kurz.
Nach rund 30 Minuten stellte Tedesco auf eine Viererkette in der Abwehr um – McKennie durfte nach vorne -, nur um später wieder auf eine 3er-Innenverteidigung zu gehen. Damit wollte Schalkes Cheftrainer die Berliner vor Probleme stellen. Allerdings wirkte es so, als ob einzig die eigene Mannschaft Probleme mit den wechselnden Formationen hatte.
Ebenfalls ungewohnt: Nachdem Tedesco in der zweiten Halbzeit Abdul-Rahman Baba vom Platz genommen hatte (72.), übernahm Mark Uth dessen Position auf der linken Außenbahn. Doch auch das führte nicht zum gewünschten Erfolg.
Erstaunlich, wie schwach Schalke vor allem in der zweiten Hälfte war. Erst kurz vor Ende warf Schalke nochmal alles nach vorne und hatte zwei Mal den Ausgleich auf dem Schlappen, doch Herthas Rune Jarstein bewahrte seine Mannschaft vor dem 1:1. Schlimmer noch für Schalke: In der 96. Minute netzten die Hauptstädter zum schmeichelhaften 2:0 ein, nachdem Yevgen Konoplyanka Rot für eine vermeintliche Notbremse gesehen hatte. Der Fehlstart war perfekt.
Nach dem Spiel analysierte Domenico Tedesco: „In der ersten Halbzeit hatte ich nicht das Gefühl, dass Hertha uns den Schneid abgekauft hat. In der zweiten Halbzeit schon, aber das war unsere Schuld.“
Denn: „Wir kriegen seltsame Gegentore, die dürfen so in der Form nicht passieren. Und es fehlt die letzte Konsequenz in allem, was wir machen. In Halbzeit zwei hat uns Hertha den Schneid abgekauft, da sind wir selbst schuld. Wir hatten zu viele leichtfertige Ballverluste, das bricht uns irgendwann das Genick.“
Auf der Pressekonferenz nach dem Spiel hatte Schalkes Chefcoach allerdings schon die nötigen Maßnahmen parat: „Wir wissen nach dem heutigen Tag auf jeden Fall, was wir können und was wir nicht können. Die Dinge, die wir können, werden wir stärken – und die Dinge, die nicht funktioniert haben, werden wir in Zukunft lassen.“ Damit dürfte Tedesco wohl die vielen taktischen Veränderungen meinen. Dabei will sich Tedesco „auch mit in die Verantwortung“ nehmen. „In den kommenden Tagen und Wochen werden wir vor allem am Vertikalspiel arbeiten und zusehen, dass die Stürmer bei uns nicht verhungern.“