Episches 4:4 in Dortmund: Die Gründe für Schalkes Sensationsaufholjagd

In einer epischen Schlacht in Dortmund holt Schalke nach einem 0:4-Rückstand ein sensationelles 4:4, das von den Königsblauen Fans wie ein Sieg abgefeiert wird. Die Gründe für Schalkes Sensationaufholjagd.

Naldo-Revierderby

Domenico Tedesco nahm nach dem 2:0 gegen den Hamburger SV keine personellen Änderungen vor und ging auch gegen Dortmund in 3-5-2 ins Spiel. Sein Gegenüber Peter Bosz rückte überraschend von seinem 4-3-3 ab und ließ wie Schalke mit einer 3-Abwehrkette spielen.

Das Revierderby begann rasant, nach etwas mehr als 30 Sekunden hatte Yevgen Konoplyanka die erste Chance des Spiels, doch sein Schuss ging über Bürki-Ersatz Weidenfeller – und über das Tor. In der Folge wurde Dortmund stärker, bei Schalke lief nichts, aber auch gar nichts zusammen.

Rabenschwarze erste Halbzeit

Das Protokoll einer rabenschwarzen ersten Schalker Halbzeit:

12. Spielminute: Pierre-Emerick Aubameyang drückt den Ball mit der rechten Hand über die Linie – 1:0 für Dortmund.
18. Speilminute: Benjamin Stambouli befördert einen Dortmunder Freistoß ins eigene Tor.
20. Spielminute: Nachdem Schiedsrichter Aytekin Yevgen Konoplyanka behindert, erobern die Dortmunder den Ball, den anschließenden Konter schließt Mario Götze zum 3:0 ab.
25. Spielminute: Guerreiro hat Glück: Sein Volleyschuss mit dem Schienbein (!) geht ins Tor – 4:0.

Und doch sollte Schalke das Spiel noch drehen. Und das hatte seine Gründe.

Zunächst waren da Domenico Tedescos Wechsel: In der 34. Spielminute brachte Schalkes Cheftrainer Leon Goretzka für den gelb-rot-gefährdeten Weston McKennie und Amine Harit für den wirkungslosen Franco Di Santo. Leon Goretzkas Präsenz auf dem Platz schien seinen Mannschaftskameraden in der Folge etwas mehr Sicherheit zu geben, Amine Harit sollte eine der zentralen Figuren für Schalkes Aufholjagd werden.

Schalke dreht das Spiel

Zur zweiten Halbzeit brachte Tedesco Matija Nastasic für den ebenfalls gelb-rot-gefährdeten Thilo Kehrer, der kurz vor der Pause noch Glück gehabt hatte, nicht zum Duschen geschickt zu werden. Zuvor schien Tedesco in der Pause auch den richtigen Ton getroffen zu haben. Laut Ralf Fährmann soll Tedesco ganz ruhig zu seinen Profis gesprochen haben. Richting laut sollen nur die Teamkollegen gewesen sein, die sich lautstark gegenseitig motivierten.

Tedesco verriet nach der Partie: „In der Pause haben wir uns vorgenommen, dass wir die zweite Halbzeit gewinnen wollen.“

Und das taten die Schalker. Und wie!

Als die Dortmunder Fans gerade zum „Die Nummer 1 im Pott sind wir“ anstimmten, sollte die wohl spektakulärste Aufholjagd in der Geschichte des Revierderbys beginnen.

In der 53. Spielminute zunächst das 1:4 durch Naldo – das nur kurz Bestand hatte, denn Deniz Aytekin wurde durch die Kölner Video-Schiedsrichter eine Abseitsstellung signalisiert. Ein paar Minuten später Fährmann mit dem Riesenpatzer, den er gegen Aubameyang in letzter (Hundertstel-)Sekunde wieder gut machen konnte.

Als nur noch 30 Minuten zu spielen waren, dann das (regelgerechte) 1:4 nach wunderbarer Stambouli-Flanke und genauso wunderbarem Kopfball von Guido Burgstaller aus 16 (!) Metern! Ging da doch noch was?

Ja, und wie!

Nur vier Minuten später legte Amine Harit mit seinem ersten Bundesliga-Treffer zum 2:4 nach.

In der 73. Spielminute lenkte Weidenfeller einen Burgstaller-Kopfball an den Pfosten. Zum Haare-Raufen!! Kurz zuvor war Pierre-Emerick Aubameyang mit gelb-rot zum Duschen egschickt worden.

Nach einem Castro-Foul konnte Harit nicht mehr weitermachen, doch Tedesco hatte bereits dreimal gewechselt. Nach längerer Behandlungspause humpelte der junge Marokkaner also doch nochmal aufs Feld zurück.

Vier Minuten vor dem Ende der Anschlusstreffer durch den starken Daniel Caligiuri. Was ging hier denn ab, bitteschön?!

In der vierten Minute der Nachspielzeit köpfte Naldo eine Konoplyanka-Ecke unhaltbar für Weidenfeller in die Maschen – 4:4.

Epische Schlacht

Das Unglaubliche war passiert: Schalke hatte Dortmund einen sicher geglaubten Sieg noch geraubt, ja, geradezu erniedrigt. Während Schalke das 4:4 wie einen Sieg feierte, musste Dortmund seine Wunden lecken. Was für ein wunderschöner Tag!

Ein Blick auf die Statistik zeigt, warum Schalke das Spiel noch drehen konnte. So gewannen die Knappen nach 97 Spielminuten insgesamt 54 Prozent der Zweikämpfe. Das war so nicht unbedingt erwartbar, denn nach 35 Spielminuten hatte Dortmund die wichtigsten Duelle noch gewonnen. Zudem hatte Schalke mehr Ballbesitz, zog mehr Sprints an und legte fast zwei Kilometer mehr zurück als der BVB.

Dank an die Fans

Verantwortlich für diese Energieleistung? Nach Ansicht von Amine Harit die S04-Fans! „Ich möchte mich auch ausdrücklich bei den Fans bedanken, die selbst nach dem 0:4 hinter uns standen. Niemand hätte gedacht, dass wir nach dem 0:4 nach 25 Minuten zurückkommen. Deswegen fühlt sich das Ergebnis wie ein Sieg an“, so Harit.

Auch Leon Goretzka stimmt in das Loblied auf die Fans mit ein: „Kompliment an die Mannschaft und an die Fans, die alles rausgeholt haben, um uns nach vorne zu peitschen.“

Schalkes Mittelfeldmotor hatte allerdings noch einen weiteren Grund für Schalkes Megaleistung an diesem Nachmittag parat: Die Riesenmoral, die Schalke unter Tedesco mittlerweile zu haben scheint. Goretzka: „Wir haben in den vergangenen Wochen bewiesen, dass wir eine super Mannschaft haben. Dennoch kam erst mit dem ersten Treffer der Glaube ein wenig zurück. Spätestens mit dem 2:4 und der Gelb-Roten Karte hat es auch auf der anderen Seite angefangen, zu rattern. Wir waren dann emotional absolut im Aufwind.“

Ein weiterer Grund für Schalkes 4-Tore-Aufholjagd: Das starke Offensivspiel im letzten Angriffsdrittel, das zuvor so oft kritisiert wurde. Naldo bestätigt: „Wir haben uns eine Chance nach der anderen herausgespielt“. Goretzka bestätigt: „Wenn das Spiel noch fünf Minuten länger gegangen wäre, hätten wir vielleicht sogar noch die Chance auf das fünfte Tor bekommen. Es war absolut überwältigend.“