Die Schuldensituation ist immer wieder ein heiß diskutiertes Thema rund um den FC Schalke 04. Während teilweise vor allem in Foren und Blogs schon der Untergang herbei orakelt wird, sind von der offiziellen Vereinsseite viele Beschwichtigungen zu hören. Wie steht es wirklich um S04? – Wirtschaftsexperte Prof. Günter Vornholz mit einer Bestandsaufnahme.
Von Prof. Dr. Günter Vornholz
Grundsätzlich wird als Schulden das auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesene Fremdkapital eines Unternehmens bezeichnet. Fremdkapital wird einem Verein von Gläubigern zur Verfügung gestellt. Prinzipiell werden Schulden in der Öffentlichkeit eher negativ beurteilt. Sie sind aber ökonomisch notwendig, um damit Vermögenswerte zu schaffen.
Auf Schalke wird zwischen verschiedenen Begrifflichkeiten unterschieden, wenn es um Schulden geht. Die Vereinsspitze verwendet gerne die Finanzverbindlichkeiten, die von 232 Mio. Euro (2009) auf 164 Mio. Euro im Jahr 2014 zurückgegangen sind. Der gesamte Schuldenbestand (einschließlich der Rückstellungen (z. B. für Steuern) und Rechnungsabgrenzungsposten (Verein hat z. B. schon Geld erhalten und muss erst noch eine Leistung erbringen) hat sich im gleichen Zeitraum von knapp 300 Mio. auf gut 230 Mio. Euro verringert. Die Verbindlichkeiten unseres Vereins setzen sich im Wesentlichen aus Anleihen in Höhe von 60 Mio. Euro und aus Verbindlichkeiten bei Kreditinstituten von knapp 60 Mio. Euro zusammen. Eine weitere Verbindlichkeit ist die stille Beteiligung der Stadt Gelsenkirchen in Höhe von 10 Mio. Euro. Auch die Veltins-Arena hat einen Anteil bei den Verbindlichkeiten des Vereins (Konzerns), das dürften nach vor Jahren gemeldeten Plänen noch rund 50 Mio. Euro sein. Aus dem Vorstand ist zu hören, dass der Verein mittelfristig eine Verschuldung von unter 100 Mio. Euro anstrebt.
Zur Beurteilung der Schuldensituation können zum einen die Schulden unseres Vereins mit den geschaffenen Vermögenswerten wie die Arena, das Vereinsgelände oder der Spielerkader verglichen werden. Da diese nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen bewertet werden, bestehen hier erhebliche Interpretationsspielräume. In der offiziellen Bilanz des Konzerns Schalke 04 wird jedes Jahr ein „negatives“ Eigenkapital ausgewiesen, da die Schulden die Vermögenswerte mehr als deutlich übersteigen. Nach Aussagen unseres Vorstands sieht die Situation erheblich besser aus, weil die Vermögenswerte weit höher als die Schulden sind. Der Vorstand berücksichtigt die sogenannten Stillen Reserven, wenn z. B. der potenzielle Transferwert eines Spielers aus dem Nachwuchsbereich viel höher als der in der Bilanz ausgewiesene Buchwert ist.
Zum anderen kann die Entwicklung der Schalker Verbindlichkeiten mit den anderen Bundesligavereinen (Durchschnitt) verglichen werden. Die Verbindlichkeiten sind absolut auf Schalke viermal höher als bei einem anderen Bundesligisten, jedoch hat Schalke auch seine Arena selbst finanziert. In den letzten Jahren konnte Schalke aber seine Schulden abbauen, während die Verbindlichkeiten der anderen Bundesligisten anstiegen. Wenn aber auch das jeweilige Anlagevermögen berücksichtigt wird, dann zeigt sich ein anderes Bild. Das Anlagevermögen von Schalke 04 betrug im letzten Jahrzehnt rund 210 Mio. Euro und ist seitdem um 40 Prozent gesunken. Die anderen Bundesligisten verdoppelten hingegen im letzten Jahrzehnt ihr Vermögen, ohne die Schulden stark auszudehnen. Auf Schalke kam es zu einem gleichzeitigen Abbau von Vermögen und Schulden. Schalke baute seine Schulden vornehmlich dadurch ab, dass zu wenig investiert wurde. Für die kommenden Jahre sind aber Investitionen im Schalker Feld geplant, die aber die Schulden wieder belasten.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass im Vergleich zu den Vorjahren sich die Verschuldungssituation verbessert hat. Das ist aber zu Lasten der Investitionen gegangen. Der Schuldenabbau sollte für unseren Verein nicht das wichtigste Ziel sein.