Die letzten Pflichtspiele gegen den SC Freiburg und vor allem gegen Sporting Lissabon hatten Schalke wieder auf den Boden der Tatsachen gebracht. Komprimiert zeigten beide Spiele woran es auf Schalke krankt. S04 schafft es zwar immer wieder das Spiel zu machen und auch Chancen zu kreieren. Doch vorne fehlt es oftmals an zündenden Ideen. In der Defensive fehlt es dabei regelmäßig an Struktur und taktischer Disziplin – zuweilen auch der richtigen Einstellung. Insbesondere im Umschaltspiel zeigt sich Königsblau seit eh und je schwach. Wenn dann noch individuelle Fehler dazu kommen, sieht´s schlecht aus für Schalke.
Im Vorfeld des Spiels gegen den VfL Wolfsburg machte sich Fußball-Deutschland nach lediglich drei Punkten in drei Ligaspielen kollektiv wieder einmal Sorgen über die Situation auf Schalke. Roberto di Matteo durfte sich schon über die ersten kritischen Artikel in der Presse „freuen“. Ausgerechnet gegen den Tabellenzweiten hieß es am Samstag, wieder drei Punkte zu holen, um den Anschluss an die Champions League-Plätze nicht noch größer werden zu lassen.
Bei für die Jahreszeit wunderbar mildem Fußballwetter galt es, einmal mehr zu zeigen, wer der Herr im Hause der Veltins-Arena ist. Für di Matteo schien eine flexible Fünfer-Abwehrkette die richtige Basis zu sein, um Wolfsburgs starker Offensive zu begegnen: Fuchs (für den Gelbgesperrten Dennis Aogo in der Startelf), Höwedes, Santana (nach Verletzungspause wieder im Team), Neustädter und Uchida verteidigten im Fünferverbund. Bei eigenem Ballbesitz rückten Christian Fuchs und Atsuto Uchida ins Mittelfeld auf. Dort bildeten Jan Kirchhoff, Dennis Höger und auf der 10 Kevin-Prince Boateng das Mittelfeldzentrum. Den Sturm formten Klaas-Jan Huntelaar und Eric Maxim Choupo Moting – keine schlechte Kombination!
Bereits in der 10. Spielminute wurde Choupo-Moting wunderbar von Marco Höger bedient. An der linken Strafraumgrenze schlenzte der Kameruner den Ball schön ins lange Eck – 1:0! Acht Minuten später hatte Schalke Glück als Wolfsburgs Duracell-Hase Ivica Olic die Flanke von Ivan Perisic um Zentimeter verpasste.
War die Vorarbeit von Marco Höger zum 1:0 bereits wunderbar, so sorgte Kevin-Prince Boateng in der 22. Minute für totale Begeisterung in der Halle: der Ghanaer spielte Choupo-Moting mit einem karateartigen, „No Look“-Außenristpass an. Choupo spielte Christian Träsch und Naldo schön aus und schob zum 2:0 ein. Der Pass auf Boateng kam übrigens von Felipe Santana, der als zentraler Spieler in der Dreierkette auch für die Spieleröffnung sorgen sollte. In dieser 22. Spielminute funktionierte das ganz gut. Meistens allerdings bugsierte der Brasilianer den Ball halbhoch und ganz, ganz schwach in die gegnerische Hälfte. Wenn es gut ging, flog der Ball ins Nichts, ansonsten in den direkten Besitz der Wolfsburger. Eine Passquote von knapp über 50% spricht nicht unbedingt für ein erfolgreiches Experiment.
Nur drei Minuten später kollektive Fassungslosigkeit auf Schalke – im positiven Sinne: Christian Fuchs flankte einen Freistoß von rechts in den Strafraum. Irgendwie konnte aber keiner etwas mit der Pille anfangen. Weder Schalkes Offensivspieler – noch Wolfsburgs Defensive. Auch Diego Benaglio wollte nicht so richtig dran. Und so flog der Ball einfach in die Maschen. 3:0 gegen den von den Medien zum Favoriten ausgemachten VFL Wolfsburg – und das nach 25 Minuten, Wahnsinn!
Aber Schalke wäre nicht Schalke, wenn es das schon gewesen wäre: acht Minuten vor der Pause flankte Ivan Perisic flach vor das Tor. Ralf Fährmann hätte gut daran getan, den Ball durchzulassen, kam aber noch mit einer Hand dran und legte den Ball so Ivica Olic vor, der den Ball trocken ins Tor schob.
In der 74. Spielminute kam Wolfsburg tatäschlich zum 2:3! Benedikt Höwedes und Felipe Santana standen sich im Weg. Und plötzlich war der Ball bei Nicklas Bendtner, der Ralf Fährmann tunnelte und so zum Anschlusstreffer einschob.
„Ich habe auf der Bank mitgezittert, bis zum Ende. Wir mussten uns voll reinhängen, um nicht noch den Ausgleich zu kassieren“, gab der ausgewechselte Jan Kirchhoff nach dem Spiel zu Potokoll. Und auch die Fans bemerkten, dass ihr Team jetzt Unterstützung brauchte, um nicht noch den Ausgleich zu kassieren. Spätestens nach der frohen Kunde des 2:2 aus Paderborn im Spiel gegen Dortmund rastete das ganze Stadion aus, feierte S04 bis zum Ende durch und unterstützte ihr Team maßgeblich, den Vorsprung über die 90 Minuten zu retten.
Unterm Strich konnte der VFL aus Wolfsburg zwar den meisten Ballbesitz für sich verbuchen, ein Verhältnis von 6:2 Schüssen, die auf das Tor gebracht wurden, unterstreicht aber, dass der Sieg für Schalke 04 verdient war. Choupo Moting brachte es auf den Punkt:
„Die Einstellung hat zu 100 Prozent gepasst heute. Wir konnten auf zwei sehr intensiven und hilfreichen Trainingswochen aufbauen, Automatismen konnten wir uns erarbeiten. Das hat uns geholfen.“
Ein Wort noch zu Kevin-Prince Boateng, der in der letzten Woche zurecht auch von uns kritisiert wurde. Der Prince rackerte, rannte, tackelte und war der gallige Anführer, der er schlicht immer sein müsste. Eine Passerfolgsquote von 80%, vier Schüsse aufs Tor, vier Torschussvorlagen und ein Wahnsinns-Assist sprechen für sich!