Der 18. September 2018: Nach dreieinhalb Jahren erklingt auf Schalke wieder die Champions-League-Hymne. Auf den Tribünen der nicht ausverkauften Arena Schmunzeln ob des eunuchenartigen Gesang hier, ehrfürchtige Blicke da. Unser S04 spielt wieder in der Königsklasse! Der Support von den Rängen ist gut, Schalke spielt nach schwachen Spielen in der Bundesliga wieder Fußball und geht an diesem Abend gegen den FC Porto sogar in Führung. Und doch sollen Schalkes Fans an diesem Abend mit gedrückter Stimmung nach Hause gehen. Denn der spanische Schiedsrichter Jesus Gil Manzano verteilt großzügige Geschenke.
Schalke-Cheftrainer Domenico Tedesco stellte seine Mannschaft auf vier Positionen um: Für Sebastian Rudy rückte Weston McKennie in die Startelf, der durchaus offensiv agierte. Suat Serdar kam für Franco Di Santo, Breel Embolo für Guido Burgstaller und Alessandro Schöpf für Hamza Mendyl auf der linken Außenbahn.
In der 13. Spielminute der erste Schock für Schalke. Naldo hatte einen von Weston McKennie abgefälschten Ball aus kürzester Entfernung gegen die Hand bekommen. Schiedsrichter Manzano zögerte keine Sekunde und sorgte für das erste Geschenk spanisch-portugiesischer Freundschaft. Elfmeter für Porto. Doch Fährmann lenke den Strafstoß von Alex Telles stark um den Pfosten. Die Arena erbebte – der gehaltene Elfer wurde wie ein Tor gefeiert. Zu recht.
In der Folge erspielte sich Porto ein Übergewicht und war zunächst auch die bessere Mannschaft. Dier Portugiesen waren deutlich ballsicherer als Schalke, wirkten eingespielt und sollten am Ende 76 Prozent aller Pässe an den Mann bringen (Schalkes Passquote lag nach 90 Minuten nur bei 67 Prozent). Und doch wurde Porto nur selten gefährlich. Schalke hingen stand hinten sicher und ging leidenschaftlich in die Zweikämpfe.
Im weiteren Verlauf der Partie versuchte Schalke dann auch offensiv mehr. Doch die Portugiesen standen extrem kompakt und schafften es, Schalkes Spiel schon im Mittelfeld empfindlich zu stören. Lange, hohe Pässe und die Hoffnung auf den Gewinn der „zweiten Bälle“ waren Schalkes (vergebliche) Hoffnung.
In der Liga hatte Porto bereits gezeigt, wo sie verwundbar sind: Nach Ballverlust und schnellem Umschaltspiel nämlich. In der 64. Spielminute klingelte es dann auch im Kasten des FC Porto. Seat Surdar hatte im Mittelfeld stark den Ball erobert und zu Weston McKennie gespitzelt. Das US-Talent passte nach kurzem Lauf schön auf Embolo, der mit einem intelligent gespielten Kullerball gegen die Laufrichtung der verbliebenen Hintermannschaft zum 1:0 einnetzte.
Elf Minuten später dann das nächste großzügige Geschenk von Schiedsrichter Jesus Gil Manzano. Portos Moussa Marega war an der Strafraumkante in Richtung Außenbahn unterwegs, als er plötzlich wie vom Blitz getroffen zu Boden ging. Naldo sollte ihn gefoult haben, doch hatte ihn gar nicht berührt. Naldos Sicht der Dinge klar: „Das war eine Schwalbe!“
Den schmeichelhaften Elfmeter setzte Otavio in die Maschen. Schalke hatte noch zwei Möglichkeiten, erneut in Führung zu gehen, brachte den Ball aber nicht mehr im Tor unter. So blieb es beim 1:1 – eine starke Schalker Leistung wurde an diesem Abend nicht belohnt.
Ralf Fährmann versuchte dem Spiel Positives abzugewinnen: „Wir haben ein sehr gutes Spiel gemacht und gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“
Auch Naldo schilderte seine Sicht der Dinge: „Beim ersten Elfmeter war meine Hand aus meiner Sicht nicht so weit vom Körper entfernt, deshalb war es für mich kein Strafstoß. In der zweiten Elfmeter-Situation habe ich den Gegenspieler gar nicht berührt, der Schiedsrichter hätte also nicht auf den Punkt zeigen dürfen. Dennoch entschuldige ich mich bei meiner Mannschaft dafür, dass ich durch diese Szenen heute im Mittelpunkt stand. Mit der Leistung heute konnten wir an die letzte Saison anknüpfen, wir haben Moral bewiesen und gegen einen guten Gegner stark gekämpft. Die ganze Mannschaft hat sich an der Defensivarbeit beteiligt. Genau dies müssen wir auch am Samstag gegen Bayern München zeigen. Es war eine Leistung, die uns Selbstvertrauen gibt, ein Schritt in die richtige Richtung.“
Domenico Tedescos Analyse nach dem Spiel:
„Wir sind ein bisschen enttäuscht über diesen Punkt. Denn ich finde, dass wir es von Beginn an grundsätzlich gut gespielt haben. Pressing, Gegenpressing, Mentalität, der Hunger auf zweite Bälle. Wir haben immer wieder versucht, die Bälle in den Rücken der Kette zu spielen, um für Torgefahr zu sorgen. Schon vor dem 1:0 hatten wir Chancen, um in Führung zu gehen. Nach dem Treffer waren wir ein bisschen passiv. Da hatten wir vielleicht auch etwas Luftprobleme bei den Stürmern, die super geackert haben. Es ist nicht immer ganz einfach, die gegnerischen Sechser so zuzustellen wie Mark und Breel es über 60 Minuten gemacht haben.“
„Das Gegentor dann auf eine solche Art und Weise zu bekommen ist am Ende einfach nur enttäuschend. Den ersten Elfmeter kann man geben. Der Ball springt direkt auf Naldos Hand. Das war eine 50:50-Entscheidung. Beim zweiten Strafstoß habe ich keine Berührung gesehen. Und wenn, dann nur minimal. Da kann man nicht auf den Punkt zeigen. Nichtsdestotrotz war das Spiel heute ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, ein positives Signal.“
Porto-Trainer Sérgio Conceição war mit dem Ergebnis natürlich zufrieden: „Es ist uns gelungen, die Stärken Schalkes gut unter Kontrolle zu halten. Wie waren sehr gut organsiert in der Defensive und haben bis zum Gegentor kaum etwas zugelassen. Schalke ist ein Team, das sehr variabel agiert. Darauf waren wir eingestellt. Das 1:0 ist durch einen individuellen Fehler entstanden. Ich bin unterm Strich sehr zufrieden mit dem Spiel.“