Seit der mutigen Entscheidung, in der Sommerpause 2017 mit Domenico Tedesco einen jungen, unerfahrenen Trainer der Generation „Nagelsmann“ zu verpflichten, hat ein Spieler im Schalker Dress eine ganz besondere Entwicklung vollzogen. Und nein, auch wenn es naheliegend wäre, es geht nicht um Leon Goretzka, sondern um Max Meyer.
Von Anja Grohnert
Der 22-jährige, der seit der B-Jugend in der Knappenschmiede ausgebildet wurde und mit 17 Jahren bereits den Sprung in den Profikader schaffte, ist eigentlich im offensiven Mittelfeld zuhause. Angesehen als filigraner Techniker, der in manchen Situationen seinen Gegenspielern körperlich nicht genug entgegenzusetzen hat. Zunächst im Schatten von Julian Draxler stehend, wurde ihm bei dessen Wechsel der große Durchbruch prophezeit.
Dann kam Leroy Sane – und lief Meyer den Rang ab. Meyer schien sich nicht durchsetzen zu können, war unter Markus Weinzierl schon abgeschrieben, als ewiges Talent abgestempelt und hatte sich gedanklich schon von Schalke verabschiedet. Die logische Konsequenz war, dass er seinen im Sommer 2018 auslaufenden Vertrag nicht verlängerte.
Mit dem schon so oft propagierten Umbruch, der in dieser Saison das erste Mal wirklich spürbar ist, blüht der quirlige Spieler mit der Rückennummer 7 so richtig auf. Der neue Trainer stellte ihn vom offensiven ins defensive Mittelfeld und erntete dafür viel Kopfschütteln. Jemand mit seinen Qualitäten sei auf der Position völlig fehlplatziert, zu zweikampfschwach, zu verspielt. Aber Tedesco bewies das richtige Gespür. Meyer nahm die neue Aufgabe an und vollzog einen Imagewechsel, optisch, wie auch mental. Weg vom Boygroup-Frontman, hin zum Malocher, Sonderschichten inclusive.
Er entwickelt(e) sich zu einem Dreh- und Angelpunkt im Spiel der Schalker, sowohl bei eigenem Ballbesitz, als auch beim Pressing bei gegnerischen Angriffen. Er beweist Defensiv-Qualitäten, kämpferischen Einsatz, hat mit über 12 km pro Spiel eine der höchsten Laufleistungen der Liga und seine Passsicherheit (7% Fehlpassquote) kommt dem Aufbauspiel der Knappen zugute.
Der Trainer, die Mannschaft, die Fans – Meyer hat sich auf jeder Ebene das Vertrauen des Schalker Umfeldes zurückerarbeitet. Laut eigener Aussage fühlt er sich in blau-weiß wohl wie nie und spricht in lobenden Worten von seinem Trainer. Seit Tedesco hat Meyer auf Schalke das, was ihm wichtig ist. Spielanteile, Vertrauen, Entwicklungsmöglichkeiten, persönlich wie auch mit der Mannschaft, Verantwortung, kurzum: Eine Perspektive.
Bedeutet das vielleicht auch die Wende im Fall seiner Vertragsverlängerung? Und wenn ja, welche Auswirkungen kann das auf die restliche Mannschaft haben? Auf die aktuelle, aber auch eine potenzielle zukünftige.
Mal angenommen, Meyer verlängert seinen Vertrag auf Schalke. Kann um ihn, gemeinsam mit den anderen „jungen Wilden“ aus der Knappenschmiede, wie McKennie oder Kehrer und auch den externen Zugängen wie Nabil Bentaleb oder Aminer Harit eine Mannschaft für die Zukunft entstehen? Und was bedeutet das vielleicht auch für andere Spieler, die sich mit einer Vertragsverlängerung beschäftigen. Spieler, bei denen das als fast unmöglich gilt. Womit wir am Ende doch noch bei Leon Goretzka landen.
Denn durch die aktuelle Entwicklung, in der Meyer eine Schlüsselrolle spielt, bleibt das vage Fünkchen Hoffnung im fußballromantischen königsblauen Herz, dass auch Goretzka sieht, was auf Schalke entstehen kann und gemeinsam mit seinem Kumpel Max noch für ein paar Jahre die zentrale Rolle in der neuen Ära auf Schalke spielt.