Nicht etwa das gefürchtete, schnelle Kombinationsspiel von Real Madrid sorgte gestern für die Vorentscheidung. Eine schnöde, vergleichsweise uninspirierte Flanke brachte Schalke 04 auf die Verliererstraße. Eine richtig gute erste Halbzeit, viel Kampfgeist und zwei abgebrühte Youngster machten trotzdem Spaß und Hoffnung.
Wer die 1:6-Niederlage gegen die „Königlichen“ im letzten Jahr verfolgt hatte, musste sich gestern verwundert die Augen reiben: Schalke verkroch sich nicht in der eigenen Defensive, sondern suchte mutig den Weg nach vorne. So konnte sich S04 einige Möglichkeiten erspielen – und wurde doch kalt erwischt.
Der für Christian Fuchs in die Startelf gerückte Dennis Aogo konnte im eins-gegen-eins Carvajal nicht am Flanken hindern. 1,95-Meter-Mann Joel Matip verlor seinen zehn Zentimeter kleineren Gegenspieler Cristiano Ronaldo aus den Augen, der unbedrängt das 1:0 in den Kasten nicken konnte – keine Chance für Timon Wellenreuther [26.]. Joel Matip nahm den Treffer auf seine Kappe: „Beim 0:1 kann ich den einen oder anderen Schritt tiefer und damit auch besser stehen, aber der Ball passt perfekt und Cristiano Ronaldo nutzt ihn direkt. Da packe ich mir an die eigene Nase, aber jetzt geht es weiter.“
Sieben Minuten später musste Klaas-Jan Huntelaar verletzungsbedingt raus. Für ihn feierte der 19-jährige Felix Platte sein Europapokaldebüt.
Der Gegentreffer und Huntelaars Verletzung schienen Schalkes Konzentration als auch das königsblaue Selbstbewusstsein geraubt zu haben. Plötzlich war Real Madrid am Drücker. Der abgebrüht wirkende Timon Wellenreuther hielt seinen Kasten aber sauber. Spitze, wie der Junge das machte!
Als die Nordkurve allmählich leiser wurde, weckte Felix Platte das ganze Stadion mit einem Lattenkracher [75.]. Ein Mörderpass von Kevin-Prince Boateng fand den durchstartenden Atsuto Uchida. Der Japaner legte ab auf Felix Platte, der ansatzlos aus 17 Metern drauf hielt – und nur die Latte traf. Wäre der Ball nur einen oder zwei Zentimeter flacher gewesen – dann wäre die Pille drin gewesen. Das wäre mal ein CL-Debüt gewesen. „Uschi“ konnte den Nachschuss auch nicht reinmachen.
Immerhin sorgte der Lattenkracher für kollektives Ausrasten: das ganze Stadion stand nun und feuerte die Mannschaft aus zehntausenden Kehlen an. Einzig: es half nichts. Cristiane Cristiano Ronaldo, der königliche Gockel hatte seine Form offenbar ausgerechnet gegen Schalke wiedergefunden. An der Außenlinie setzte sich „CR7“ gegen Marco Höger und Atsuto Uchida durch, passte auf Marcelo, der mit einem Traumtor in den Winkel für die Entscheidung sorgte. Auch hier traf Wellenreuther wieder keine Schuld.
Roberto di Matteo zeigte sich enttäuscht, grundsätzlich aber zufrieden mit seiner Mannschaft:
„Für uns ist das Resultat enttäuschend. Beide Mannschaften hatten insgesamt kaum Chancen, aber Real Madrid hat die Tore geschossen. Das macht auf diesem hohen Level meistens den Unterschied. Klaas-Jan Huntelaar hatte in der ersten Hälfte die Möglichkeit zur Führung, Felix Platte in der Schlussviertelstunde den möglichen Ausgleich auf dem Fuß. Nichtsdestotrotz haben wir ein gutes Spiel gezeigt, konnten dagegengehalten und standen gut. Ich denke, die Qualität, die unser Gegner vorne hatte, hat den Unterschied gemacht. Wenn man Real Madrid Räume lässt, ist dieses Team sehr gefährlich.“
Beim Rückspiel in Madrid am 10.03. brauchte Schalke nun ein lockeres 3:0.