0:0 gegen Freiburg: Der Versuch einer Erklärung

Auf Schalke klaffte seit sieben Spielen eine riesige Lücke zwischen Anspruch und Wirklich. Eine Lücke, die sich gestern in einen Graben verwandelte. Was hatten Spieler, Trainer und Funktionäre in den letzten Wochen für Reden geschwungen. Zuletzt vor dem Spiel gegen den SC Freiburg: man wolle alle verbleibenden Spiele gewinnen, man müsse eine Serie starten, noch sei alles möglich. Spätestens seit gestern ist nicht mehr alles möglich. Im Gegenteil: selbst die Qualifikation für die Europa League dürfte mittlerweile am seidenen Faden hängen. Nach einer (erneut) erschreckend schwachen Vorstellung und einem letztendlich glücklichen 0:0 gegen die akut abstiegsbedrohten Freiburger, gab es von den Rängen die Höchststrafe für Schalkes Profis: mit einem gellenden Pfeikonzert wurde die eigene Mannschaft nach Hause geschickt. Der Versuch einer Erklärung.

Ratlosigkeit nach dem 0:0 gegen Freiburg. Bild: Gerd Krause Sportfotos
Ratlosigkeit nach dem 0:0 gegen Freiburg. Bild: Gerd Krause Sportfotos

Roberto di Matteo schickte seine Mannschaft zum ersten Mal in diesem Jahr im 4-2-3-1 ins Spiel. Jefferson Farfan stand zum ersten Mal seit einem Jahr in der Startelf. Genauso wie Sead Kolasinac, der auf die linke Verteidigerposition für Christian Fuchs, der nicht einmal im Kader stand, rückte. Ungewohnt im neuen/alten Spielsystem: die Doppel-Sechs, die von Marco Höger und Dennis Aogo gebildet wurde. Auf der für ihn zuletzt ungewohnten linken Außenbahn spielte Eric-Maxim Choupo-Moting.
Was von Roberto di Matteo als Mittel auserkoren war, um das Spiel zu gewinnen, wurde zum Albtraum. Sowohl für die Spieler, als auch für die Fans. Schalkes Cheftrainer hatte vor dem Spiel zwei Strategien ausgemacht, um gegen Freiburg zu gewinnen: geschickt zu verschieben, um sich Räume zu erarbeiten – was vor allem erfordert, schnell zu spielen – und dass die Mannschaft Klaas-Jan Huntelaar „mehr unterstützt“, sodass dieser wieder mehr zu Chancen gelange.
Durch die Besetzung der Außenbahnen wollte RDM das Spiel breiter machen, Möglichkeiten erspielen, das Spiel zu verlagern, um Lücken in den kompakten Defensivverbund der Breisgauer zu reißen. Schnell musste man aber erkennen, dass das ein Trugschluss war: es mutete vielfach so an, als würde das „neue“ Spielsysten und die „neuen Gesichter“ im Team die Spieler auf dem Platz heillos überfordern. Keine Spur von systematischem Spiel nach vorne, von einstudierten Laufwegen gar nicht erst zu reden.
Das mag die eine Erklärung für eines der schwächsten Spiele von Königsblau der letzten Jahre sein. Zudem deutete die Körpersprache vieler Spieler nicht an, alles für den Erfolg tun zu wollen. Zweikämpfe wurden oftmals ohne den letzten Biss geführt. Viele individuelle Fehler rundeten das Gegurke ab.
So war vom Di Matteo’schen Matchplan nichts erkennbar: Und anders als geplant, waren es nicht die Schalker, die für eine Überzahl auf den Flügeln sorgten, sondern stets die Freiburger. Königsblau spielte irritierend unsicher, dadurch langsam und zuweilen aufreizend behäbig.
Nach dem Spiel gab der Italiener zu: „Wir haben in der ersten Halbzeit zu langsam gespielt. Freiburg stand mit vielen Spielern hinter dem Ball. Da hatten wir nicht genügend Bewegung in unserem Spiel. So kann man dann auch nicht die nötigen Räume finden.“
Roberto di Matteo sah nach der ersten Halbzeit mit gerade einmal zwei halben Schalker Chancen keine Veranlassung etwas zu ändern und schickte dieselbe Elf in die zweiten 45 Minuten. Und so ging es zunächst genauso weiter, wie es nach der ersten Hälfte aufgehört hatte. Als meine Sitznachbarn im Oberrang der Nordkurve drohten, nacheinander einzuknacken, gab es plötzlich Elfmeter für Freiburg. Benedikt Höwedes hatte Admir Mehmedi im 16er getroffen. Weniger Minuten zuvor wurde Max Meyer in einer sehr ähnlichen Situation gefoult, wofür Schalke aber keinen Elfer bekam. Julian Schuster setzte den Elfer einen Meter über Tor – welch ein Geschenk!
Schalke kam jetzt immerhin zu einigen Möglichkeiten, fand in Roman Bürki aber seinen Meister, als der Schweizer einen schönen Schlenzer von Max Meyer aus dem Winkel fischte und kurz darauf auch einen super platzierten Kopfball von Eric Maxim Choupo-Moting parieren konnte. Auch Ralf Fährmann musste zwischendurch ran und konnte mit einem tollen Reflex den Schuss von Felix Klaus halten.
Roberto di Matteo wechselte ganze zweimal. Seine Wechsel kamen aber deutlich zu spät: Julian Draxler feierte 14 Minuten vor dem Ende sein Comeback. Sidney Sam konnte in den verbliebenen drei Minuten auch keinen Impuls mehr setzen.
Nach dem Spiel resümmierte „RDM“: „Wir hatten 21 Torschüsse, von denen sind aber nur sechs auf den Kasten geflogen. Man braucht mehr zwingende Möglichkeiten, um als Sieger vom Platz zu gehen. Wir müssen unser Offensivspiel verbessern und mehr Torchancen kreieren. Defensiv war es nicht schlecht. Aber wir müssen definitiv mehr nach vorne machen, um Spiele zu gewinnen.“
Die Fans machten ihrem Frust mit einem gellenden Pfeifkonzert nach dem Spiel Luft – in der Hoffnung auf eine deutliche Leistungssteigerung.