„Wenn mich Naldo nicht so umreißt, schiebe ich den Ball locker ins Tor“

Schalke verliert mit 1:2 bei RB Leipzig. Eine grobe Unsportlichkeit und ein Eigentor besiegeln die bittere Niederlage beim Brauseclub aus dem Osten.

Kein Zeichen von Reue beim Jubel von Timo Werner.
Kein Zeichen von Reue beim Jubel von Timo Werner.

Schalke-Trainer Markus Weinzierl  schickte die gleiche Startelf wie bereits gegen Darmstadt ins Spiel. Vor dem Spiel hatte Schalkes Cheftrainer noch betont, seinen Offensivstil dem Retortenclub aufzwingen zu wollen. Die Schalker waren gewarnt: Vor allem die beiden 6er Naby Keita und Diego Demme sorgten in dieser Saison immer wieder mit zahlreichen Balleroberungen im Mittelfeld, und kombiniert mit ihrem schnellem Umschaltspiel für Gefahr.

So auch im Spiel gegen Schalke schon nach wenigen Sekunden: Schalke verliert im Vorwärtsgang den Ball. Dann geht alles ganz schnell. Leipzigs Werner wird vor der Straufraumkante leicht von Naldo am Trikot gezupft, tankt sich dann weiter in den Strafraum und hebt vor dem herauseilenden Ralf Fährmann ab – die wohl formvollendetste Schwalbe der letzten Jahre. Doch trotz heftigster Proteste beharrt Schiedsrichter Bastian Dankert auf Elfmeter und gelb für Fährmann. Den fälligen Elfer verwandelte der „Gefoulte“ zum 1:0.

Nach dem Spiel sollte sich Timo Werner in geradezu hanebüchene Entschuldigungen verstricken. Immerhin gibt er zu, dass er nicht von Ralf Fährmann gefoult wurde. Angesichts der klaren TV-Bilder aber keine Großtat. Interessant 1: Dass er nicht von Fährmann gefoult wurde, will er dem Schiedsrichter nach dem Pfiff mitgeteilt haben. Doch der konnte sich an nichts erinnern. Interessant 2: Werner will von Naldo gefoult worden sein.

„Ich komme frei aufs Tor zugelaufen, werde dann von Naldo von hinten gezogen und verliere das Gleichgewicht. Ich versuche trotzdem noch abzuschließen, treffe den Ball unglücklich, falle hin und dann gibt es Elfmeter. Es tut mir leid, dass es nach einer Schwalbe aussieht, das war nicht meine Intention.“ Eine ziemlich seltsame Sicht der Dinge.

Aber es wird noch kurioser: Im ZDF sagt Werner: „Wenn mich Naldo nicht so umreißt, umspiele ich den Torwart und schiebe den Ball locker ins Tor. Am Punkt war der Schiedsrichter kurz da. Ich habe gesagt, wenn dann muss Naldo die Gelbe Karte bekommen, nicht Fährmann.“

Als Schiedsrichter Dankert erfährt, was Timo Werner den Journalisten ins Mikro spricht, stürmt er laut focus.de aus seiner Kabine in die Mixed Zone vor die zahlreichen Journalisten: „Es hat kein Gespräch zwischen mir und Timo Werner stattgefunden. Ich habe Werner vor dem Elfmeter gefragt: ‚Was war denn?‘ Aber da kam nichts, und dann habe ich den Elfmeter ausführen lassen.“

In der Folge entwickelte sich immerhin ein ausgeglichenes Spiel. In der 32. Spielminute dann die Befreiung: Sead Kolasinac konnte nach guter Chance von Leon Goretzka den Ball aus spitzem Winkel zum 1:1 im Tor unterbringen

In der 47. Spielminute war der gefeierte Kolasinac der Unglücksrabe: einen von Emil Forsberg getretenen Freistoß lenkte „Seo“ mit dem Kopf in die eigenen Maschen. Bitter.

Von diesem Schock erholte sich Schalke nicht mehr. Leipzig war jetzt eindeutig die gefährlichere Mannschaft, kam immer wieder mit ultraschnellem Umschaltspiel zu Möglichkeiten. Doch ein Tor aus dem Spiel heraus sollte heute nur S04 gelingen. Auch das: sehr bitter.

Die Stimmen zum Spiel, aufgezeichnet von schalke04.de:

Markus Weinzierl:
Wir hatten uns im Vorfeld viel vorgenommen. Den Start dann so zu erleben, war äußerst bitter. Der Elfmeter war eine Fehlentscheidung, das hat jeder gesehen. Nach dem 0:1 mussten wir viel investieren. Spätestens nach dem Ausgleich waren wir dann aber gut im Spiel und hatten kurz vor der Halbzeit durch Alessandro Schöpf noch eine gute Möglichkeit, um vielleicht sogar das 2:1 zu erzielen. Nach dem zweiten Gegentreffer nach der Pause haben wir es nicht mehr geschafft, noch einmal ins Spiel zurückzukommen. Unser Gegner hat es aber auch sehr gut gemacht.

Ralph Hasenhüttl:
Es war ein sehr temporeiches Spiel. Wir haben gegen einen sehr guten Gegner gespielt. Schalke ist nach dem 0:1 gut zurückgekommen. Wir haben uns in der Halbzeit noch einmal neu formiert und haben versucht, wieder Tempo in unser Spiel zu bekommen. Nach dem schnellen 2:1 in der zweiten Hälfte hatten wir noch weitere gute Möglichkeiten, die wir nicht nutzen konnten. So war es bis zum Abpfiff eng und auch kraftraubend. Wir sind glücklich über die drei Punkte. Der Elfmeter, der zum 1:0 geführt hat, war keiner. Das ist das einzige, was mir bei dem Sieg etwas aufstößt. Ansonsten war es ein absolutes Topspiel.

Benedikt Höwedes:
Wir können es nicht mehr ändern. Jeder hat gesehen, dass es eine eindeutige Schwalbe war. Wir haben uns die Niederlage letztendlich aber auch selber zuzuschreiben, weil wir in der zweiten Hälfte zu passiv waren. Da war RB besser und hat dementsprechend nicht unverdient gewonnen. Wenn man durch eine klare Schwalbe mit einem Tor Unterschied verliert, ist es trotzdem bitter, das ist klar. Wir sind nach einer schwachen ersten Viertelstunde stark zurückgekommen, nachdem uns das frühe Gegentor ein wenig verunsichert hatte. Wir hatten dann gute Möglichkeiten, um sogar noch in Führung gehen zu können. Leider sind wir in den zweiten Durchgang ebenfalls unglücklich gestartet und mussten wieder einem Rückstand hinterherlaufen.

Ralf Fährmann:
Ich war bei der Elfmeterszene am dichtesten dran und trotzdem eigentlich weit genug entfernt. Ich verstehe nicht, wie man da Elfmeter geben, mir zudem die Gelbe Karte zeigen kann und dann sagt, dass Naldo gefoult hat. Das war eine spielentscheidende Szene. Gerade weil es gegen Leipzig auf Kleinigkeiten ankommt. Timo Werner hat gesagt, dass er von mir nicht getroffen wurde. Ich kann nicht nachvollziehen, warum man als Schiedsrichter dann nicht entsprechend handelt. Es ist einfach bitter, dass das Spiel direkt zu Beginn in so eine Bahn gelenkt wird. Ich denke, ein Punkt wäre völlig in Ordnung gewesen, weil wir auch einige gefährliche Möglichkeiten hatten. Das zweite Tor haben wir uns selber zuzuschreiben. Aber beim ersten Gegentreffer kann ich nicht noch weiter vom Gegenspieler entfernt sein. Das ist wahnsinnig ärgerlich. Die Niederlage wird uns dennoch nicht umwerfen.

Christian Heidel:
Der Schiedsrichter hat die Szene falsch wahrgenommen. Er sagte, dass es ihm Leid täte, sofern es eine Fehlentscheidung war. Dementsprechend ist die Sache für mich erledigt. Fehler passieren, die machen wir alle. Mit einem Videobeweise hätte es sicherlich keinen Elfer gegeben, weil Ralf Fährmann nicht einmal in der Nähe vom Bein des Gegenspielers war. Man merkt, dass ein Videobeweis unter Umständen auch was Gutes mit sich bringt. Aber ich bin nicht der Typ, der sagt, dass wir das Spiel nach einem Elfmeter in der ersten Minute verloren. Das wollen wir nicht gelten lassen. Die Partie hat dann natürlich einen alles andere als geplanten Verlauf genommen. Dennoch haben wir gegen eine sehr, sehr gute Mannschaft gespielt und am Ende vielleicht auch verdient verloren haben. Keiner kann sagen, wie das Spiel ohne die erste Szene verlaufen wäre. Wir haben uns dann aber gut gewehrt. Aber insgesamt hatte Leipzig jedoch die besseren Chancen – eigentlich ohne Tor. Das eine haben wir geschossen, das andere war der kuriose Elfmeter.