Was von der Aufbruchstimmung auf Schalke übrig geblieben ist

Ein neuer Trainer, der mit seiner Art die Herzen der Fans im Sturm eroberte, mit Johannes Geis ein junger Neuzugang mit dem Zeug zum Führungsspieler und nicht zuletzt der beste Saisonstart seit 44 Jahren: Schalke gewann in den letzten Monaten viele der Fans zurück, die es nach der katastrophalen Rückrunde der Saison 2014/2015 verloren hatte. In der Arena wurde die Stimmung merklich besser, im Umfeld des Kumpel- und Malocherclubs war es hingegen merkwürdig/angenehm ruhig und harmonisch. Man war als Schalke-Fan wieder ohne Wenn und Aber richtig stolz auf seinen Verein.
Doch das wäre wohl nicht Schalke. Zunächst rückte der Schalker Fan Club Verband (SFCV) in den Fokus der Aufmerksamkeit. Im Rahmen des „Emschergate vom Berger Feld“ könnten nun Peter Peters, Josef Schnusenberg, Dr. Jens Buchta und der „mächtigste Mann auf Schalke“, Clemens Tönnies, mit in den Strudel um finanzielle und strukturelle „Ungereimtheiten“ hineingezogen werden. Ausgang ungewiss.

Clemens Tönnies. Bild: Tönnies Fleisch
Clemens Tönnies. Bild: Tönnies Fleisch

Ohne Not machte Schalkes Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Tönnies ausgerechnet auf dem Höhepunkt des sportlichen Höhenflugs eine neue Baustelle auf. Mitte Oktober wurde bekannt, dass sich S04 um Mainz 05-Manager Christian Heidel bemüht. Ausgerechnet den besten Saisonstart seit fast einem halben Jahrhundert nahm Tönnies zum Anlass, seinem Noch-Manager Horst Heldt ordentlich an den Karren zu pinkeln, seine Autorität zu untergraben – oder anders gesagt: ihm unmissverständlich zu verstehen zu geben, dass es für ihn auf Schalke offenbar keine Zukunft mehr gibt.
Dass der Aufsichtsrat auf Schalke offenbar nicht in die Pläne mit Heldt und Heidel eingeweht gewesen war, ließ einmal mehr an Clemens Tönnies zweifeln.
Kurz nach den von den Medien gierig ausgeschlachteten Gerüchten, Wasserstandsmeldungen und (Halb-)Wahrheiten, wurde auch Schalkes sportlicher Höhenflug abrupt beendet. Einen Zusammenhang zwischen der Unruhe im Schalker Umfeld und der sportlichen Stagnation herzustellen, wäre wohl reine Spekulation.
Leroy Sané
Leroy Sané. Bild: Gerd Krause Sportfotos

Zumal sich Schalkes Probleme schon vorher andeuteten. Bereits früh in der Saison warnte Schalkes neuer Coach André Breitenreiter, der Kader sei nicht breit genug aufgestellt. Insbesondere Schalkes Offensive auf den Flügeln war nach den Transfers von Jefferson Farfan und Julian Draxler arg dezimiert und erforderte variable Systemanpassungen. An ihre Stelle rückten junge Spieler wie etwa Leroy Sané, die ihre Sache gut bis überragend machten. Vor allem besagter Sané, aber auch Innenverteidiger Joel Matip retteten Schalke in der Liga wichtige Punkte. In den Spielen gegen Stuttgart, Frankfurt und den HSV machten entweder Leroy und/oder Joel drei Punkte klar. Hätten die beiden nicht getroffen, wäre Schalker schon früher eingebrochen, S04 stünde heute nicht auf Platz 4, sondern lediglich auf Rang 9.
Um nicht abzustürzen, müssen Schalkes Stürmer Klaas-Jan Huntelaar und Franco Di Santo endlich wieder treffen. Auch um zumindest ein bißchen was von Schalkes fat vergessener Aufbruchstimmung zu konservieren. Dass mit Dortmund und den Bayern jetzt die wohl schwersten Gegner der Liga warten, macht es nicht einfacher.