Serie: Finanzierungspotenziale des FC Schalke 04 e.V. – Teil 3 "Finanzierung durch die Aufnahme von Fremdkapital"

Der Spitzenfußball hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Fußball-Unternehmen mit solventen Konzernen im Rücken sind auf dem Vormarsch. Für einen eingetragenen Verein wie dem FC Gelsenkirchen-Schalke 04 e.V. werden die wirtschaftlichen Bedingungen in Form erhöhten Konkurrenzdrucks nicht einfacher. Der Wirtschaftsexperte und Schalke-Fan Prof. Dr. Günter Vornholz von der EBZ Business School in Bochum hat für Schalke-News.de die verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten von Bundesligaclubs untersucht – und zeigt auf, welche Potenziale sich für unseren Verein jeweils ergeben.

Von Prof. Dr. Günter Vornholz

Als Fremdkapital werden die auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesenen Schulden eines Unternehmens bezeichnet. Fremdkapital wird einem Verein von Gläubigern zur Verfügung gestellt. Der Fremdkapitalgeber besitzt einen verbrieften Anspruch auf Zins- und Tilgungszahlungen und diese sind dabei erfolgsunabhängig. Im Insolvenzfall nimmt der Fremdkapitalgeber eine bevorzugte Gläubigerstellung ein und wird vorrangig vor den Gesellschaftern der Unternehmung bedient.

Bankdarlehen

Der klassische Bankkredit ist sehr vielfältig in der Ausgestaltung, was u. a. die Laufzeiten oder die verlangten Sicherheiten betrifft. Bankdarlehen waren lange das einzig verfügbare Außenfinanzierungsinstrument für Fußballklubs und haben insbesondere in der Vergangenheit bei der Finanzierung von großvolumige Finanzierungsprojekten (z. B. Stadion) eine kostengünstige Finanzierungsform dargestellt. Sie sind heute noch immer die üblichste Form der Außenfinanzierung von Fußballklubs.

Banken sind bei der Kreditvergabe spätestens nach Basel III und weiteren gesetzlichen Vorgaben in den letzten Jahren deutlich selektiver geworden. Hiervon sind insbesondere bonitätsschwächere, sich unter Umständen aktuell in einer sportlichen Krise befindende Klubs nachteilig betroffen.

Beim FC Schalke 04 ist es in den letzten Jahren zur Tradition geworden zwischen verschiedenen Begrifflichkeiten zu unterscheiden, wenn es um Schulden geht. Die Vereinsspitze verwendet gerne die Finanzverbindlichkeiten, die von 232 Mio. Euro (2009) auf 164 Mio. Euro im Jahr 2014 zurückgegangen sind. Der gesamte Schuldenbestand (einschließlich der Rückstellungen (z.B. für Steuern) und Rechnungsabgrenzungsposten (Verein hat schon Geld erhalten und muss erst noch eine Leistung bringen)) hat sich ebenfalls im gleichen Zeitraum von knapp 300 Mio. auf gut 230 Mio. Euro verringert. Die Verbindlichkeiten sind im betriebswirtschaftlichen Sinne alle finanziellen Verpflichtungen eines Vereins gegenüber seinen Lieferanten. Banken und sonstigen Gläubigern. Die Verbindlichkeiten setzen sich im Wesentlichen zusammen aus Anleihen in Höhe von 60,8 Mio. Euro und aus Verbindlichkeiten bei Kreditinstituten von 74,1 Mio. Euro. Auch die Veltins-Arena hat einen Anteil bei den Verbindlichkeiten des Vereins (Konzerns), das dürften nach vor Jahren gemeldeten Plänen noch rund 50 Mio. Euro sein.

Anleihen bzw. Schuldverschreibungen

Anleihen oder Schuldverschreibungen (engl. Bonds) sind mittel- bis langfristige Kredite, die am Kapitalmarkt durch Emission von Wertpapieren aufgenommen werden. Früher waren diese nur großen Unternehmen vorbehalten, seit dem Jahr 2009 gibt es das Segment der „Mittelstandsanleihen“, bei denen das Emissionsvolumen mit weniger als 100 Mio. Euro wesentlich geringer ist.

Durch hohe anfängliche Transaktionskosten, weitere Folgekosten (z. B. Rating) sowie höhere Zinsen als beim Bankdarlehen ist die Mittelstandsanleihe ein relatives teures Fremdfinanzierungsinstrument. Positiv wirkt sich jedoch die Endfälligkeit der Anleihe aus, was im Vergleich zum tilgenden Bankdarlehen zu einer tendenziell geringeren laufenden Belastung durch die fehlenden Tilgungen während der Laufzeit führt. Aktuell sind Mittelstandsanleihen von geringem Interesse für Anleger. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in den letzten Jahren gut ein Sechstel der Unternehmen mit Mittelstandsanleihen insolvent gegangen sind.

Der FC Schalke 04 hat 2012 und 2013 eine Mittelstandsanleihe in Höhe von 50 Mio. Euro begeben, die sowohl an private als auch institutionelle Investoren verkauft wurde. Der jährliche Zinssatz beträgt 6,75 Prozent und ist damit recht attraktiv.

Eine weitere Variante einer Anleihe ist die sog. Fan-Anleihe, die fast ausschließlich an die Fans eines Vereins verkauft wird (häufig als Schmuckurkunde). Die Fananleihe stellt dabei wie die Mittelstandsanleihe auf den ersten Blick ein klassisches Wertpapier dar, ermöglicht jedoch aus Emittenten-Sicht im Vergleich zu vergangenen Emissionen von Anleihen schuldnerfreundlichere Anleihebedingungen. Für Vereine mit einem hohen Fanpotenzial sind Fan-Anleihen ein mögliches Finanzierungsinstrument. Aber aufgrund des eher geringen Anteils am gesamten Fremdkapitalvolumen sind sie eher Exoten für die Finanzierung eines Vereins.

Im Jahr 2010 hat der FC Schalke 04 eine Fan-Anleihe herausgegeben, die dem Klub rund elf Mio. Euro einbrachte. Die schöne Verzinsung mit 5,5 Prozent hatte auch mein Interesse geweckt. Eine weitere, besondere Form einer Fan-Anleihe stellt der Arena-Baustein auf Schalke dar. Der Verein bzw. die Arena-Gesellschaft bekam dadurch einen zinslosen Kredit von den Fans. Die Tilgung erfolgte durch Gutscheine, die in den Folgejahren für Fanartikel eingelöst werden konnten.

Nachrangfinanzierungen: Mezzanine-Kapital

Mezzanine-Finanzierungen oder Nachrangfinanzierungen befinden sich zwischen Fremd- und Eigenkapital: diese schließen die Lücke zwischen Darlehen und dem Eigenkapital. Nachrang-Darlehen sind Kredite, bei denen im Insolvenzfall diese Verbindlichkeiten erst zurückgezahlt werden, wenn die übrigen Gläubiger ihr Geld erhalten haben. Die Kapitalgeber werden bei Insolvenz somit nachrangig bedient, erhalten dafür aber einen höheren Zinssatz.

Nachrangfinanzierungen können verschiedene Formen annehmen, die sich beispielsweise in der Form typisch oder atypisch Stiller Beteiligungen, Wandelanleihen, Nachrang-Darlehen oder Genussscheinen zeigen. Genussscheine können von Investoren gezeichnet werden, wobei es möglich ist, die laufende fixe Verzinsung um eine variable Komponente, z. B. in Abhängigkeit vom sportlichen Erfolg zu ergänzen. Aus Vereinssicht können somit die Finanzierungskosten im Einklang mit der sportlichen Entwicklung gebracht werden. Für die Investoren ist der zusätzliche Bonus auch ein interessanter Aspekt, gleichzeitig aber kann die Nachrangigkeit dazu führen, dass der Investor im Fall der Insolvenz alles verliert.

Beim FC Schalke 04 gibt es eine Verbindlichkeit in Form einer Stillen Beteiligung durch die Stadt Gelsenkirchen. Diese hat sich in Höhe von 10,2 Mio. Euro bei der Finanzierung der Veltins-Arena beteiligt.

Forderungsverkauf / Forfaitierung

Auch zu diesen Formen der Finanzierung gehört der Verkauf von Rechten bzw. von Forderungen, die als Passive Rechnungsabgrenzungsposition in der Bilanz berücksichtigt werden. Dabei wird hier insbesondere auf zwei Möglichkeiten eingegangen: der Verkauf von Rechten an spezielle Sportvermarkter und der Verkauf von mittel- und langfristigen Forderungen an Dritte (Forfaitierung).
Die Übertragung bzw. der Verkauf von Marketingrechten ist längst als Finanzierungsinstrument in der Liga etabliert. Jeder Fußballklub verfügt über eigene Vermarktungsmöglichkeiten (z.B. Trikot- und Bandenwerbung, Stadionname), welche ausgewählte Sponsoren gegen Zahlung eines Entgelts für einen bestimmten Zeitraum nutzen können. Die Vermarktung der eigenen Rechte stellt dabei eine bedeutende Erlösquelle für Fußballklubs dar und ist umso wertvoller, je erfolgreicher – im sportlichen Sinne – und beliebter (z. B. „Traditionsverein“) ein Fußballklub ist. Der Fußballklub kann die Vermarktung entweder selbst übernehmen oder für einen gewissen Zeitraum (i.d.R. langfristig mit über 10 Jahre) an einen spezialisierten Sportvermarkter übertragen. Der Sportvermarkter soll dabei insbesondere durch die Implementierung eines professionellen Marketing-Konzepts sowie durch seine guten Kontakte zu (internationalen) Wirtschaftsunternehmen einen Mehrwert für den Fußballklub schaffen.

Der Fußballklub erhält bei Vertragsabschluss eine einmalige, durchaus substanzielle Signing-Fee, muss in den Folgejahren jedoch Umsatzeinbußen hinnehmen, da der Vermarkter selbstverständlich nicht die vollen Einnahmen an den Klub weiterreicht, sondern einen Teil (ungefähr 20 Prozent der Erlöse) für sich beansprucht. Die Klubs können auf eine auch international bessere Vermarktung hoffen und erhalten eine oft stattliche Vertragsprämie im Voraus. Auf der anderen Seite können die Vermarkter am Fußballgeschäft teilhaben.

Auf Schalke wurden in der Vergangenheit auch schon Rechte an diese Sportvermarkter verkauft. Derzeit aber verfügt der Verein über alle seine Rechte, sei es Marketing- oder Transferrechte, und kann daher die Einnahmen aus der Vermarktung vollständig realisieren.

Forfaitierung kann als ein Finanzierungsgeschäft angesehen werden, bei dem ein Finanzinstitut die zukünftigen Forderungen eines Vereins erwirbt. Ein Bundesligaklub kann zu sofortigen Barerlösen und damit zu Liquidität kommen, indem er bestehende Forderungen z. B. an eine Finanzinstitution verkauft. Dabei erhält der Verein den aktuellen Gegenwert der zukünftigen Forderungen abzüglich einer Gebühr. In den folgenden Jahren kann er dann aber nicht mehr über diese verfügen.

Beim FC Schalke 04 wurden vor Jahren Sponsorenverträge wie etwa der mit Hauptsponsor Gazprom oder dem Ausrüster Adidas forfaitiert und somit die Forderungen an die Banken abgegeben. Hierdurch hatte der Verein sofort Einnahmen (mit Abschlag), deren Zahlungen ansonsten erst später erfolgt wären.

Asset Backed Securities (ABS)

Das Grundprinzip einer Asset Backed Security-Anleihe ist einfach: Ein Verein bringt in eine eigens dafür gegründete, rechtlich vom Verein unabhängige Zweckgesellschaft bestimmte Forderungen wie zukünftige Zuschauereinnahmen oder andere Stadioneinnahmen ein und erhält dafür einen bestimmten Gegenwert abzüglich der Transaktionskosten. In den meisten Fällen handelt es sich bei den Forderungen um zukünftige Zuschauereinnahmen. Die Anleihen sind durch die eingebrachten Aktiva des Vereins besichert. Die Zweckgesellschaft refinanziert sich, indem sie Anleihen – sogenannte ABS-Anleihen – emittiert. Diese Anleihen werden an nationale und internationale Anleger verkauft. Verkompliziert wird diese ABS-Anleihe durch die Ratings und die dafür notwendigen Sicherheiten. Weiterhin können verschiedene Abschnitte (Tranchen) von dem Anleihebetrag gebildet werden, die alle unterschiedliche Risiken und damit Verzinsung aufweisen können.

Eine ABS-Anleihe hat den Vorteil der langfristigen Finanzierung. Sie weist insbesondere im Vergleich zu anderen Fremdfinanzierungsinstrumenten häufig geringere Finanzierungskosten auf. Nachteilig ist, dass eine ABS nicht endfällig ist und daher jährliche Zins- und Tilgungszahlungen fällig sind. Dies führt zu entsprechenden Belastungen bei den jährlichen Ausgaben. Seit der Finanzkrise wird dieses Finanzinstrument nur noch selten eingesetzt.

Der FC Schalke 04 hat im Jahr 2002 eine ABS-Anleihe, die sogenannte Schechter-Anleihe, in Höhe von 85 Mio. Euro begeben und die Anleihe an internationale Investoren verkauft. Hierbei wurden die zukünftigen Zuschauereinnahmen als Sicherheit eingesetzt. Nach Querelen mit den Initiator Schechter wurde die ABS-Anleihe vorzeitig zurückgezahlt.

Beurteilung

Bei dieser Beurteilung soll auf zwei Fragen eingegangen werden, nämlich ob erstens für einen „Verein“ statt einer Kapitalgesellschaft bei der Fremdkapitalfinanzierung Nachteile bestehen und zweitens wie Fremdkapital generell bei Bundeligaklubs und speziell auf Schalke zu beurteilen ist.

Zum einen eröffnen die vielfältigen Finanzierungsmöglichkeiten den einzelnen Fußballklubs weiteres Entwicklungspotenzial. Sie ermöglichen den Klubs weiteres Wachstum, um den erhofften sportlichen und finanziellen Erfolg zu erreichen. Es ist aber nur geliehenes Geld, wofür Zinsen zu bezahlen sind und das irgendwann auch wieder zurückgezahlt werden muss. Es wird zwar argumentiert, dass Kapitalgesellschaften es leichter hätten, sich Fremdkapital zu besorgen. Diese Gesellschaftsform hätte schon bestehende, bessere Organisationsstrukturen und ebenso umfangreiche Verpflichtungen zur Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere gegenüber den Eigenkapitalgebern. Aber die Vereine haben ebenfalls umfangreiche Dokumentationsverpflichtungen, nicht zuletzt in den Lizensierungsverfahren der Deutschen Fußball Liga (DFL). Aufgrund einer niedrigeren Eigenkapitalquote könnte es aber für Vereine im Vergleich zu Kapitalgesellschaften schwieriger sein, sich Fremdkapital zu beschaffen.
Der FC Schalke 04 hat in den vergangenen Jahren auf sehr unterschiedlichen Wegen Fremdkapital eingeworben. Es ist daher auch Traditionsvereinen durchaus möglich, sich Fremdkapital zu besorgen. Die Finanzierungsbedingungen sind verschieden je nach der Bonität des Bundesligaklubs.

Zum anderen werden Schulden bzw. Verbindlichkeiten bzw. Fremdkapital prinzipiell in der Öffentlichkeit negativ beurteilt. Sie sind aber ökonomisch notwendig, um z. B. Vermögen zu schaffen. Um die Entwicklung auf Schalke zu beurteilen werden im Folgenden drei Vergleiche herangezogen.

Erstens können die Schulden eines Vereins mit den geschaffenen Vermögenswerten verglichen werden. Die Arena, das Vereinsgelände und der Spielerkader sind derartige Vermögensgegenstände. In der Bilanz des Konzerns Schalke 04 wird jedes Jahr ein „negatives“ Eigenkapital ausgewiesen: Die Schulden übersteigen die Vermögenswerte mit 75 Mio. Euro mehr als deutlich. Nach Aussagen des Schalke-Vorstands übersteigen die Vermögenswerte die Schulden jedoch bei weitem, dabei wird vor allem auf die Stillen Reserven (z. B. Spieler sind in der Bilanz zu geringeren Buchwerten ausgewiesen als ihr potenzieller Transferwert ist) hingewiesen.

Zweitens kann die Entwicklung der Verbindlichkeiten mit anderen Bundesligavereinen (Durchschnitt) verglichen werden. Die Verbindlichkeiten sind 2013 auf Schalke mit 230 Mio. Euro sechsmal höher als bei einem anderen Bundesligisten, beim Vergleich auf Konzernebene waren die Schulden noch dreimal so hoch. In den letzten Jahren konnte Schalke seine Schulden abbauen, während die durchschnittlichen Verbindlichkeiten eines Bundesligisten im letzten Jahrzehnt um gut 20 Prozent stiegen.

Vermögens- und Schuldenentwicklung des FC Schalke 04. Bild: Prof. Günter Vornholz

Drittens kann die Schulden- mit der Vermögensentwicklung verglichen werden. Das Anlagevermögen von Schalke 04 betrug im letzten Jahrzehnt rund 210 Mio. Euro und ist seit dem um 40 Prozent gesunken. Die anderen Bundesligisten verdoppelten hingegen im letzten Jahrzehnt ihr Vermögen ohne die Schulden stark auszudehnen. Hingegen kam es auf Schalke zu einem gleichzeitigen Abbau von Vermögen und Schulden. Schalke baute seine Schulden vornehmlich dadurch ab, dass zu wenig investiert wurde. Für die kommenden Jahre sind aber Investitionen im Schalker Feld geplant, die aber die Schulden wieder belasten.

Der Weg des Schuldenabbaus auf Schalke ist kritisch zu hinterfragen. Wenn vom Verein langfristig eine Verschuldung von unter 100 Mio. Euro angestrebt wird, muss auch nach den Konsequenzen gefragt werden. Soll dann auch das Vermögen abgeschrieben sein und entsprechend bis dahin keine Investitionen mehr durchgeführt werden?

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