Mitgliederversammlung 2015

Geschafft. Von Öffnung der Stadiontore morgens um 10 Uhr bis zur obligatorischen Freibierverkündung durch den Versammlungsleiter mit abschließendem Absingen der Schalker Vereinshymne um 19:10 Uhr (eine Minute früher wäre gruselig gewesen)  wurde auch die diesjährige Mitgliederversammlung überstanden.
Schalke 04 Mitgliederversammlung 2015Insgesamt scheint die Wut über die Saison 2014/15 zwar nicht verraucht, sondern vorerst zurückgestellt. Diese Atmosphäre war auf der Mitgliederversammlung spürbar. Denn  im Angesicht der abgelaufenen Saison ging es fast sogar schon harmonisch zu. Pfiffe und Buhrufe gab es zwar insbesondere für Horst Heldt, allerdings nicht wie im vielfach erwarteten Dezibelbereich.  Der Schalker wartet offenbar  ab, was die kommende Spielzeit bringen wird und was Mannschaft und neuer Trainer dabei liefern.  Und wenn die Mannschaft Grundtugenden mitbringt und sich zerreißt, dann wird sie auch wieder eine fantastische Unterstützung erhalten. Setzt sich die Misere nahtlos fort, dann ist bereits im September Feuerwerk auf Schalke.
Schade vermutlich heute nur für die Medienlandschaft, dass sich die bekloppten Schalker nicht gegenseitig an die Wäsche gingen, die Frikadellen im Brötchen blieben,  nicht Richtung Bühne flogen und es auch sonst zu keinerlei Tumulten oder Theater kam. Alles im Rahmen.
Einiges ist heute passiert über einen langen Zeitraum. Kleinigkeiten, Anekdoten, verbale Duelle, Spitzfindigkeiten, Angriffe, witzige und skurille Randgeschichten. Was bleibt aber wesentlich für den FC Gelsenkirchen-Schalke 04 e.V. hängen nach der Mitgliederversammlung?
Im sportlichen Bereich sicherlich die Installation eines sportlichen Beirates mit Huub Stevens, Mike Büskens und Ebbe Sand zur Unterstützung der Aufsichtsratsmitglieder. Inwieweit dieses Dreigestirn tätig wird und in Erscheinung tritt, wird spannend zu beobachten. Vorerst sind die Namen höchst interessant und tragen die höchste Sympathieträgerstufe.
Hinsichtlich der Kaderplanung wird es noch Zu- und Abgänge geben. Sam und Boateng werden nie mehr für den S04 spielen. Ein weiterer Torwart soll kommen. Wellenreuther wurde verliehen um Spielpraxis zu erhalten. Zwölf ehemalige Spieler der Knappenschmiede werden zum Bundesligakader gehören. Eine beachtliche Quote.
Finanziell bleibt alles wie gehabt, obwohl man unterschwellig  das Gefühl hat, dass alljährlich etwas Neues zum Ausschmücken aufgetischt wird.
Für das Marketing sind die Entwicklungen positiv und Alexander Jobst macht hinsichtlich der Kennzahlen einen tadellosen Job. Der warme Applaus der Schalker Vereinsfamilie bestätigte dies. Eine Diskussion über die Marketingstrategie, insbesondere das Ausschlachten der Tradition lasse ich daher mal außen vor. Die Asien-Reise wurde abgesagt, da für Schalke lange terminlich unklar war, ob die Qualifikation zu Europa-League gespielt werden muss oder nicht und damit keine Kooperation mit dem chinesischen Staatsfernsehen mehr möglich war. Die Tour soll allerdings in 2016 nachgeholt werden.
Mitgliederversammlung 2015 Clemens Tönnies
Clemens Tönnies bewies im Bericht des Aufsichtsrates Kritikfähigkeit und gestand Fehler ein. Auch insbesondere seiner öffentlichen Auftritte. Ob er selber zu dieser Erkenntnis kam, er dazu beraten wurde und welche Halbwertszeit diese Einsicht hat, wird sich zeigen.
Neu in den Aufsichtsrat wurden Thomas Wiese und Dr. Andreas Horn gewählt. Dies waren auch die Kandidaten mit dem authentischsten Auftreten. Der Ehrenrat bleibt identisch.
Die Satzungsänderungsanträge sind durchgefallen, insbesondere der Antrag zur Sonderumlage, wie zu erwarten, mit Pauken und Trompeten.
Die Abstimmungsergebnisse zeigen eindeutig, dass ein großes Misstrauen seitens der Mitglieder besteht, wenn schon Satzungsänderungsanträge keine ¾-Mehrheit erreichen, die in Zusammenarbeit mit Fanvertretern erarbeitet wurden und damit eigentlich aus Fansicht auch sinnvolle Inhalte bieten.  Nur leider hat der Verein seit der unrühmlichen vianogo-Affäre ordentlich Vertrauen verspielt, was den  Bereich der Vereinspolitik betrifft.
Und sonst?
– Die stehenden Ovationen für den anwesenden Rudi Assauer waren der bewegendste Moment der diesjährigen MV. Gänsehaut garantiert.
– Eine Vereinsdemokratie muss vieles aushalten und jedes Mitglied hat das Recht, seine Meinung zu äußern. Eine gute Sache. Nur sollten trotzdem manche Redner vielleicht doch etwas intensiver in sich gehen, ob es Sinn macht, zum x-ten Male bereits durchgekaute Themen anzusprechen, monoton von Blättern ablesen und mit überzogener Redezeit die Anwesenden zu penetrieren. Denn es ist wirklich schade, dass dann sehr gute Reden mit interessanten und neuen Ansätzen aufgrund der strapazierten Geduld der Zuhörer untergehen.
– Schade auch, wie sich zunehmend die Ränge und Stuhlreihen im Laufe der Versammlung leerten, während es vor dem Voucher-Stand schon lange vor Eröffnung der Ausgabe zu tumultartigen Szenen kam.
– Bier 2,- € ist eine Preistafel, an die man sich in der Veltins-Arena gewöhnen könnte. Wenn dann noch das Adjektiv „alkoholfrei“ gestrichen würde.
– Die Überbrückungsmusik bei den Wahlgängen sorgte für blutige Ohren. Eine Melodie aus der Vorhölle.
Die MV 2015 kann meines Erachtens als eine Art Übergangsversammlung für die Zukunft von Schalke 04 gesehen werden. Heiße Themen gab es nicht wirklich, keine riesigen Neuigkeiten oder Überraschungen. Richtig interessant wird es wohl 2016, wenn die Amtszeiten der Aufsichtsratsmitglieder Clemens Tönnies und Dr. Jens Buchta enden.
Insbesondere für Tönnies wird die Spielzeit 2015/2016 hinsichtlich seiner Wahl enorm wichtig. Denn bei einer weiteren Saison wie der Vergangenen werden die Schalker Mitglieder ein Opfer fürs Gemüt fordern. Möglicherweise wird dann aber kein Trainer oder Sportvorstand reichen.
Glückauf!