Gewalt in der Liga: Ein offener Brief an die "Bild"

Auch die „Bild“ berichtet über die Angriffe von FC-Bayern- und VfL-Bochum-Anhängern auf Fans des FC Schalke. Bei der Bildauswahl müssen beim Boulevardblatt jedoch S04- und BVB-Anhänger als Randale-Exempel herhalten. Ein offener Brief.
Sehr geehrte „Bild“-Online-Sportredaktion,
Fotos sind wichtig im Sport-Journalismus, machmal sagen sie mehr als die sprichwörtlichen tausend Worte. Umso wichtiger ist es, verantwortungsvoll mit ihnen umzugehen.
Was Sie am Montag in der Nachberichterstattung zum Angriff von FC-Bayern- und VfL-Bochum-Anhängern auf Fans des FC Schalke getan haben, ist jedoch genau das Gegenteil von einem verantwortungsvollen Umgang mit Bildern und ihrer Macht.
Konkret: Ihr Artikel „Die Gewalt-Tabelle der Bundesliga“ ist nicht etwa bebildert mit Fotos der Spitzenreiter Ihrer „Gewalttabelle“, Hansa Rostock und Dynamo Dresden. Zu sehen sind Fans des FC Schalke und Polizisten in der Nordkurve der Arena. Doch es handelt sich hier nicht um irgendein Foto.

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So teaserte Bild.de einen Artikel über gewalttätige Fans an. Quelle: Screenshot Bild.de

Es ist ein Bild aus dem Spiel des S04 gegen Paok Saloniki im August 2013. In der Partie hatten Paok-Fans angeblich damit gedroht, den Platz zu stürmen, weil sie sich von einer mazedonischen Fahne im Schalker Block provoziert fühlten. Daraufhin sicherte die Polizei nicht etwa den Paok-Block, sondern stürmte die Schalker Nordkurve und verletzte bei einem brutalen Einsatz mit Schlagstöcken und Pfefferspray fast 90 Schalke-Fans und sogar Sanitäter.
Zum Vergleich: Die „Bild“-Bildunterschrift zu dem Foto lautet „Krawall-Fans im Fußball: Nicht selten spielen sich im Stadion und ums Stadion herum erschreckende Szenen ab – auch für die Polizisten“. Unter einem fast identischen Foto, wohl nur eine oder zwei Sekunden früher oder später aufgenommen, schrieb „Spiegel Online“ im August 2013: „Schrecken in der Kurve: Wohl ohne Absprache mit dem Verein stürmte eine Einheit der Polizei während des Qualifikationsspiels zur Champions League einen Block in der Schalker Nordkurve.“
Angesichts des ruppigen Vorgehens der Polizei blieben auch nicht alle Schalke-Fans friedlich. Dennoch: Kann dies das richtig Bild sein, um einen Artikel über gewalttätige deutsche Fußballfans zu illustrieren? Ein Foto von einem Spiel, in dem die Schalke-Fans friedlich waren, bis die Polizei der angeblichen Drohung der griechischen Gästefans nachgab und schließlich sogar Sanitäter mit Pfefferspray eindeckte? Für einen Schalke-Fan grenzt das an Verhöhnung.
Doch es geht hier nicht alleine um die Anliegen der S04-Fans. Direkt neben die Schalker montiert „Bild“ über dem „Gewalt-Tabelle“-Artikel ein Foto von vermummten Dortmundern. Diese werden an diesem Tag sogar noch ein zweites Mal gezeigt: über dem Text „Polizei-Report der Fußball-Gewalt“. Das Absurde: In diesem Artikel geht es gar nicht um den BVB. Die Dortmunder finden nicht in einem Wort Erwähnung. Als Randale-Posterboys müssen sie dennoch herhalten.
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Quelle: Screenshot Bild.de

Unterm Strich: „Bild“ zeigt als Aufmacher-Bilder über den beiden Artikeln zweimal Anhänger des BVB (auch wenn sie nur in einem der Artikel vorkommen), einmal Fans des FC Schalke (auch wenn von ihnen in diesem Bild nicht die Randale ausging) und einmal eine nicht klar zu identifizierende blau-weiße Fangruppe.
Dagegen zeigen Sie in keinem Foto (auch nicht später innerhalb der Artikel) Bayern-München- und VfL-Bochum-Anhänger, obwohl deren feiger Angriff ja gerade Auslöser für Ihre Artikel-Serie war.
Es bleibt festzuhalten: Schalke-News.de lehnt jede Gewalt rund um den Fußball ab, egal ob von königsblauer oder anderer Seite. Daher freuen wir uns, dass sich die Fans des S04 nach der Partie gegen den FC Bayern nicht zu Racheaktionen hinreißen ließen. Auch die Polizei lobt das explizit.
Umso weniger können wir daher nachvollziehen, dass Schalker und auch Dortmunder in der Bildsprache der „Bild“ zu den prototypischen Problemfans stilisiert werden, während die wahren Schuldigen dieses Spieltages in keinem Foto Erwähnung finden.
Die Schalke-News.de-Redaktion